10777. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN BERLIN.

Breslau, 13. März 1759.

Eichel macht dem Minister Mittheilung von dem Vorschlage Knyphausen's, „zu einer mit dem sardinischen Hofe zu entamirenden Negociation durch einen dahin zu sendenden Emissaire“ ,110-5 welchen Vorschlag „des Königs Majestät auch sehr gou<111>tiret haben“ .111-1 Da die betreffende Depesche “au Roi seul“ rubriciret gewesen und also wohl nicht ein Duplicat nach Berlin gesendet worden sei, so verheisst Eichel dem Minister eine Abschrift zukommen zu lassen.

Inzwischen und da des Königs Majestät Allerhöchstselbst Dero Choix darunter auf den Herrn Hauptmann von Cocceji den älteren, ehemaligen Adjutanten bei dem seligen Feldmarschall von Keith, gemachet und diesen dazu destiniret haben, dass Sie ihn im grossesten Secret und ganz à Pincognito nach Turin als Émissaire schicken wollen, so haben Sie mir befohlen, Ew. Excellenz sogleich von Höchstderoselben wegen zu schreiben, dass Dieselbe alsofort vor gedachten Herrn Hauptmann von Cocceji, der seit des Feldmarschall von Keith Tode als Adjutant bei des Königs Majestät mit gestanden, ein Créditif an des Königs von Sardinien Majestät ausfertigen und solches alsdenn auf das schleunigste zu Dero Unterschrift anhero einsenden möchten . . .111-2

Da auch des Königs Majestät ermeldeten Herrn Hauptmann darüber heute schon Selbst gesprochen und ihm dabei das höchste und äusserste Secret eingebunden haben, so dass kein Mensch von solcher seiner Destination, noch von seiner Reise das allergeringste wissen und er sich deshalb convenablement verkleiden, auch selbst zu Turin sich weder namkündig geben, noch gegen jemanden anders als zuvorderst gegen den dortigen Minister111-3 und demnächst gegen den König selbst, sonsten aber gegen niemanden weiter decouvriren soll, als überlasse zuvorderst Ew. Excellenz Gutfinden, ob es nicht nöthig sein dörfte, dass erwähnter Herr Hauptmann zugleich eine Art von Creditif an den dortigen Minister mit bekäme und solches deshalb auch sofort mit obgedachtem Credentiale zur königlichen Unterschrift ausgefertiget und eingesandt würde111-4 . . . Die Einsendung der Expedition zur Unterschrift aber dörfte um so mehr pressiren, als des Königs Majestät nunmehro wegen der mehr und mehr zunehmenden Mouvements des Feindes in Böhmen wohl gegen den 24. dieses von hier aufbrechen und ein anderes Quartier nehmen dörften, Höchstdieselbe auch dem Herrn Hauptmann von Cocceji gesaget, wie er sich sogleich zur Reise anschicken, seine Tour aber über Berlin nehmen und daselbst seine Expeditiones von Ew. Excellenz ganz in der Stille abfordern sollte.111-5

Eichel.

Nach der Ausfertigung.

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110-5 Nr. 10778.

111-1 Mit Bezug auf den vorgeschlagenen Theilungsplan in Italien, der hauptsächlich österreichische und lothringische Besitzungen traf, sagte der König scherzend zu Mitchell: „that he thought he had as good a right to dispose of other people's territories as they had of his“ . [Mitchell an Holdernesse, Breslau 14. März, secret. British Museum.]

111-2 Datirt: Breslau 22. März 1759.

111-3 Graf Osorio, sardinischer Minister des Auswärtigen.

111-4 Vergl. Nr. 10786.

111-5 Am 19. März übersendet Eichel in königlichem Auftrage an Finckenstein ein „signe in blanco“ ; der Minister möge besorgen, „damit die vor den Herrn von Cocceji zu seiner Legitimation erforderliche Autorisation drüber geschrieben und der Charakter im Schreiben so eingerichtet werden möchte, damit das benöthigte nicht mehr nicht weniger Raum, als der ledige Platz ist, einnehmen und deshalb der sonst gewöhnliche königliche Titel abbreviiret werden möchte, zumalen es hier nicht auf die sonst gewöhnliche Solennia, als nur auf die Autorisation eines Émissaire, der nur zu proponiren und zu hören, aber nicht zu schliessen hätte, ankäme.