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12132. AN DEN GENERAL DER INFANTERIE BARON DE LA MOTTE-FOUQUÉ.1

Im Lager bei Meissen, 4. Juni 1760.

Ich habe Euren Bericht vom 31. voriges erhalten. Ich bin sehr embarrassiret, Euch zu sagen, was der Feind vorhat. Nach der Position, so er genommen, so kann er sowohl Glatz als Neisse belagern. Ihr seid freilich nicht im Stande, weder das eine noch das andere zu verhindern, und sehe Ich wohl ein, dass Ihr zu schwach dazu. Eure Idee, woferne der Feind etwas auf Breslau tentiren wollte, Euch bei Breslau zu setzen, ist die beste, dagegen Ich nicht ein Wort zu sagen habe.

Den 11. dieses Monates kommt der Generallieutenant Prinz von Holstein mit Meinen 10 Escadrons Dragoner von der alliirten Armee bei Leipzig an.2 Wenn Ich auch Euch jetzo solche noch schickte und noch 5 bis 6 Bataillons zufügete, die Ich mit der genausten Noth detachiren könnte, so wäret Ihr doch noch zu schwach und ausser Stande, etwas gegen Laudon zu entrepreniren. Ich glaube also besser zu thun, dass Ich hier noch alles zusammen behalte und abwarte, bis sich der Feind vollkommen declariret habe, was und wo er belagern will, und dass Ich alsdenn mit einem Corps in der Lausnitz gehe und Mich mit einem von den feindlichen Corps, Lacy und Beck, als die freilich zusammenstossen werden, zu engagiren suche, um solches aus dem Felde zu schlagen, nachher Ich im Stande sein werde, ein honettes Detachement zu machen und Euch zum Secours zu kommen; wodurch wir im Stande sein würden, was gegen den Feind zu thun. Indess muss zwischen hier und dem 10. dieses der Feind Nachricht aus der Türkei haben. Wenn die Sache Mir dort reussiret, wie Ich noch alle Hoffnung habe, so wird den Feind solches bald auf andere Gedanken bringen. Ich bin inzwischen sehr curieux, sehr öfters Nachrichten von Euch zu haben, weil Ich Mich auch darnach richten muss.

Den 1. Juni hat der Feind hier drei Lager formiret: eins bei Dippoldiswalde von 10 Bataillons unter Brentano, eins von 15 Bataillons bei Radeberg unter Lacy; das übrige stehet zu Dresden in Garnison und in Vorposten commandiret, wo ihr Lager stehet. Die Reichsarmee ist noch nicht in Sachsen, sondern stehet noch hinter Gera. Beck soll noch immer bei Zittau stehen; so viel aber ist gewiss, dass, wenn Ich von hier wegmarschirete und nicht ein Corps von die Leute schlagen könnte, alsdenn hier alles bunt über Eck gehen würde. Ihr könnet daher wohl glauben, dass Ich in einem grossen Embarras bin, wenn das, was Ich hoffe, nicht geschehen sollte.



1 Fouqués Berichte im Juni sind datirt vom 1. bis 4. aus „Frölichsdorf bei Freiburg“ , am 5. „im Lager bei Würben“ , am 6. „im Lager bei Kommenau ohnweit Canth“ , vom 10. bis 16. aus „Gröditz ohnweit Schweidnitz“ , vom 17. bis 21. aus Landeshut.

2 Vergl. S. 388.