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[Eichel bespricht die Schwierigkeit der Correspondenz mit Rexin und klagt über das stete Oeffnen der Briefe in Frankreich und Oesterreich.] Es bessert auch nicht, wenn solche gleich in Chiffres seind, denn nicht zu gedenken, wie viel Mühe und Kosten der wienersche Hof überall anwendet, um Traîtres und Chiffres zu bekommen, ... so weiss man, dass gedachter Hof sich vantiret, Leute zu haben, die vorgeben, alle Arten von Chiffres, auch ohne den gewöhnlichen Schlüssel, zu dechiffriren; und obschon ich wenig von dieser falsch gerühmten Kunst halte, wenn sonsten das Chiffrirte nur mit gehöriger Attention und Vorsicht chiffriret ist, so hat es doch den übelen Effect, dass ein dergleichen Mensch, um sich seine Pension zu conserviren, das odioseste, so er imaginiren kann, und wodurch er sich seinem Hofe gefällig zu machen glaubet, über das Chiffrirte setzet und solches herausgebracht zu haben vorgiebet, da denn obgedachter Hof solches an allen Höfen, wo ihm daran gelegen, mit den schwärzesten Farben communiciret. Ich erinnere mich über dergleichen Sujet noch immer, was Anno 1730 deshalb zwischen des Höchstseligen Königs Majestät und dem dermaligen englischen Minister Hotham wegen eines intercipireten chiffrirten Briefes, so Reichenbach an des weiland Herrn von Grumbkov Excellenz geschrieben, passiret ist.1

Der letztere gefährliche Zufall des Herrn Landgrafen zu Cassel hatte des Königs Majestät sensiblement gerühret; obschon Dieselbe von dessen längerem Leben nicht viel hoffen, so erfreuet es Se. Königl. Majestät doch immer, wenn es sich damit noch trainiret und dessen Ende so spät wie möglich erfolget. Die Ursache ist Ew. Excellenz bekaunt;2 ich habe aber nur noch anführen wollen, wie ich nur noch unter dem 26. voriges von einem Freunde aus Magdeburg ein Schreiben erhalten, nach welchem er die Reflexion machet, dass die österreichische kriegesgefangene Herrn Generals und Officiers dorten zu vieler Verwunderung sehr fetiret würden,3 da doch gegenseitig, wenn sonst denen Öffentlichen Zeitungen zu glauben, die unsrige dorten wegen einer ganz unschuldig begangenen Imprudence zu Wien in das Rumor- oder Stockhaus geworfen und dadurch öffentlich beschimpfet würden ....

Aus beiliegender, obschon vermuthlich dort schon bekannten französischen Zeitung4 werden Ew. Excellenz zu ersehen geruhen, wie meine Besorgniss wegen einer übelen Intention in Absicht auf den Herrn Grafen von Hordt nicht ganz ohne Grund gewesen. Das dem Herrn Generallieutenant von Manteuffel zu unserer grössesten Bestürzung arrivirte Unglück,5 so vorgestern des Königs Majestät erst von dem



1 Vergl. Droysen, Preuss. Politik, Bd. IV, Th. 3, S. 88 ff.

2 Man befürchtete, dass der zum Katholicismus übergetretene Erbprinz Friedrich den preussischen Dienst verlassen und sich der gegnerischen Partei anschliessen werde. Vergl. Bd. XVIII, 761.

3 Der Erbprinz befehligte in Magdeburg als Vicegouverneur.

4 D. d. Amsterdam 22. Januar 1760, mit der Mittheilung aus Petersburg vom 24. December 1759, dass die schwedische Regierung die Auslieferung des Grafen Hordt (vergl. S. 30), als Theilnehmer an der Verschwörung von 1756, verlangt habe, dass man von russischer Seite vermuthlich dieser Forderung nachkommen werde, und dass die Kaiserin den Grafen nach der Festung habe bringen lassen.

5 Stutterheim meldete, Anklam 28. Januar, dass an diesem Tage die Schweden in Anklam eingedrungen seien; sie seien zwar gleich darauf zurückgeworfen worden, dabei sei aber der General Manteuffel verwundet und gefangen genommen worden. — Auf dem Berichte Manteuffels, d. d. Greifswald 30. Januar, worin er bittet, dem schwedischen General Lantingshausen vorläufig einen Revers ausstellen und nach Preussen zurückkehren zu dürfen, findet sich die Weisung für die Antwort: „Lieb, dass ihm kein [Unglück] geschehen. Dass zurück käme, ganz zufrieden. Kartell würde geschlossen sein, und er also können ausgewechselt werden.“