12140. AN DEN GENERALLIEUTENANT VON TRESKOW, COMMANDANTEN VON NEISSE.

Im Lager bei Meissen, 6. Juni 1760.

Ich habe Euer Schreiben vom 1. dieses richtig erhalten und zweifele im geringsten nicht, dass, wenn es des Feindes Intention sein sollte, die Euch anvertrauete Festung zu belagern, Ihr als ein rechtschaffener und ehrliebender Commandant nebst denen übrigen Officiers und der ganzen Garnison Euch auf das vigoureuseste und tapferste defendiren und Euch nach Meinen vorhin schon deshalb zugesandten Ordres, ohne an einigen Accord oder Capitulation zu gedenken, noch was davon zu hören, so lange defendiren werdet, bis dass Ich Euch mit göttlicher Hülfe, wie gewiss geschehen wird, zum Secours komme.

Ich werde deshalb, sobald es die Umstände nur werden leiden wollen, noch in diesem Monat von hier über die Elbe gehen; und, da Daun Mich nicht gerne wird nach Schlesien lassen wollen, so wird es sich zeigen, ob sich alsdenn eine Affaire engagiren wird. Gehet solche sodann vor Mich glücklich, so wird Mich nichts hindern noch aufhalten, dass Ich nicht zum Suceurs nach Neisse eilen und kommen sollte. Vor dem 15. dieses wird der Feind wegen Mangel von Canons und andern Sachen Neisse nicht belagern, wenigstens die Tranchées nicht öffnen können. Gehen hier die Sachen gut, so werde Ich noch im Monate Julii bei Neisse sein, allemal aber müsset Ihr Euch auf eine dreimonatliche Defension einrichten und wenigstens so lange halten, da denn der Succurs inzwischen, so wie es die Umstände nur werden leiden wollen, gewiss kommen wird. Lasset Euch auch durch keine übele Zeitungen, so der Feind aussprengen und Euch aufbinden wollte, irre machen.

Dass der General Fouqué dort397-2 das Commando Dragoner weggezogen, ist Mir gar nicht lieb.

Das brave und rechtschaffene Verhalten des Capitäns von Pfuel mit dem Moseischen Bataillon397-3 habe Ich mit vieler Zufriedenheit vernommen, und avancire Ich denselben deshalb vorerst zum Major, be<398>halte Mir auch vor, demselben noch andere Marquen mehr Meiner Gnade gegen ihn zu geben.

Friderich.398-1

Nach dem Concept.



397-2 Aus Neisse.

397-3 Treskow hatte, Neisse 1. Juni, gemeldet, dass das Bataillon auf dem Marsch von Töppliwode nach Heinrichau (beide Orte nordwestl. von Münsterberg) Angriffe feindlicher Husaren und Dragoner erfolgreich zurückgewiesen habe.

398-1 In einem Schreiben vom 6. Juni an den Vicecommandanten von Glogau, Lichnowsky, wird das durch ein Kriegsgericht über einen Unterofficier wegen Insubordination verhängte Todesurtheil bestätigt. „Im übrigen, da Meine Zeit und Umstände bei jetziger Campagne nicht wohl leiden, in dergleichen Sachen zu entriren, so dienet Euch hierdurch zu Eurer künftigen Direction, dass in solchen Vorfallenheiten, wenn durch ein ordentliches vereidetes Kriegesgericht über Delinquenten gesprochen sein wird, Ihr alsdann ohne weitere Anfrage bei Mir und sonder das Urtel an Mich zur Confirmation einzusenden, den Spruch desselben nur sofort zur Execution bringen lassen sollet.“ [Berlin. Generalstabsarchiv.]