12217. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN MAGDEBURG.

Radeburg, 25. Juni 1760.

Da ich im Begriff bin, den Courier abgehen zu lassen, lassen des Königs Majestät mich noch rufen und sagen mir im Vertrauen eine Anekdote, so mich so sehr frappiret als gerühret hat, dass ich fast nicht im Stande bin, die Feder zu führen, wenn solche sich verificiren sollte, wie ich noch hoffe, dass es nicht geschehen wird. Als nämlich gestern gegen Abend einige der österreichschen Generalität gegen den uns separirenden Walde recognosciren geritten und auf der Gegend eines Officieravantposten gestossen, haben dieselbe solchen angerufen, ob nicht ein Officier von solchem auf Parole zu ihnen kommen, dem sie nur etwas sagen wollten. Als solches angenommen worden und einer hingeritten, haben sie zu ihm gesaget, es thäte ihnen leid, dass sie ihm unglückliche Nachrichten sagen müssten, denn sie die Nachricht erhalten, dass der General von Fouqué bei Landeshut dasselbe Sort mit seinem Corps gehabt, als der General von Finck bei Maxen, bis auf 500 Mann Kavallerie, welche sich durchgehauen hätte, und dass sie deshalb heute Abend in ihrem Lager Victoire schiessen würden. Womit sich das Entretien geendiget hat.

Ich gestehe, dass mir das Herz kalt geworden, als ich diese Nachrichten gehöret; was mich noch consoliret, ist, dass die heute aus Schlesien angekommenen Briefe vom 21. dieses nicht das geringste davon melden und ich also noch zur Zeit mich flattire, dass die Angabe gedachter Generals eine Leurre, so grob sie auch wäre, gewesen, um den König hier wegzubringen. Ich gestehe, dass die von dem Fouqué letztgemeldete Situation mir nicht gefallen und er mir zu wenig Attention auf die verschiedene Détachements, so Laudon in das Gebirge geschicket, zu haben geschienen hat; er hat mir auch niemals ein Heros von der [ersten] Classe zu sein gedäucht; die Prévention vor ihn aber ist so gross gewesen, dass man die Hand auf den Mund legen müssen. Wo seind aber auch bessere? Wir haben auf allen Land<460> Strassen, so zu sagen, ausgeschicket, um nähere Nachrichten zu haben; der Coup wäre mortel.

Wir haben gewisse Nachrichten, dass der Commandant zu Glatz den ersten Sturm des Laudons, den er wirklich gethan, mit sehr vieler Bravour abgeschlagen und die Oesterreicher einen sehr grossen Verlust und insonderheit an ihren Grenadiers gehabt haben sollen.460-1

Aus der Festung Cosel schreibt der würdige Generallieutenant Lattorff nachstehendes unter dem 19. dieses; „So eben wird mir aus Ungern gemeldet, dass die Türken daselbst bereits Feindseligkeiten wider die österreichschen Erblande angefangen, da sie aus Bosnien, der Gegend von Banjaluka, in Kroatien eingefallen, bei Wihitz460-2 über den Unnastrom460-3 gesetzet und darin sehr ravagiret, dergestalt, dass der Wiener Hof darüber unendlich betroffen. Ich hoffe nächstens durch einen nach Temeswar abgegangenen Emissaire hiervon die Bestätigung zu erhalten und werde alsdenn schleunigsten Rapport erstatten.“ Wann sich dieses, wie es möglich ist, confirmiret, so gestehe ich, dass niemalen ein Deus ex machina mehr und besser à propos erschienen wäre und des Königs Majestät aus der Türkei dasjenige fänden, was Sie aus der ganzen Christenheit nicht erhalten können. Wie meine Situation inzwischen dabei sei, werden Ew. Excellenz Selbst zu beurtheilen geruhen, da dieser fatale Krieg mir gleich und noch vor seinem Anfang graue Haare gemachet hat und ich indess nicht eine gute Stunde gehabt habe. Quem des finem, o Deus, laborum!

Ew. Excellenz werden die Gnade ohnfehlbar haben, keinem Menschen auf der Welt etwas von der ohnedem noch ungewissen Fouquéschen Sache zu sagen. Ich werde nicht ermangeln, von allem weiter getreulichst zu melden.

Eichel.

Nach der Ausfertigung.



460-1 Vergl. S. 458.

460-2 Vielleicht Bihac.

460-3 Nebenfluss der Save.