12415. AN DEN GENERALLIEUTENANT VON TAUENTZIEN, COMMANDANTEN VON BRESLAU.

Dittmannsdorf, 6. October 1760.

Wenn Ihr Mein voriges Schreiben an Euch12-5 recht eingesehen und die von Mir darin angeführte Umstände erwogen hättet, so würdet Ihr daraus selbst ermessen haben, dass, wenn Ich Meinen alten Provinzen<13> noch zu Hülfe kommen will, Ich keinen Tag fast mehr zu versäumen habe; da Ihr dann, ohne in Eurem Schreiben vom 5. dieses weiter anzufragen, wenn Ihr die mit Biscuit und Mehl beladenen Wagens, auch Pontons und alles mehr nach Canth unter Escorte schicken sollen, leicht erachtet haben würdet, dass nach Anleitung Meiner Ordre solches gleich und sonder einen Tag zu versäumen, geschehen müssen; denn Ich Mich nicht eher bewegen kann, bis Meine dazu erforderliche Arrangements in Ordnung sein. Ihr müsset also noch sonder Zeitverlust alles in Meiner vorigen Ordre enthaltene nach Canth mit gehöriger Escorte abschicken, auch Mir gleich und citissime melden, wie es geschehen sei.

Was Ich Euch sonsten auf den Chiffre Eures Schreibens sagen kann, ist, wie Ich glaube, dass, wenn Ich Mich im Marsch setzen werde, Daun Mir folgen, den Laudon aber hier herum bleiben lassen wird. Diesen werdet Ihr Euch wohl, wenn er indess was gegen Breslau tentiren wollte, vom Halse halten können, zumalen da die Oesterreicher ihre Belagerungsartillerie zurückstehen lassen und wenigstens acht Tage erfordert werden, ehe sie solche heranbringen können. Diese acht bis vierzehn Tage werdet Ihr Euch auf den Fall einer Attaque von Breslau doch wenigstens halten können, und könnet Ihr dabei gewiss glauben, dass, sowie Ich nur erfahre, dass der Feind Breslau attaquiret, Ich zurückkommen und Euch entsetzen werde. Indess müsset Ihr ohne Verzug die schwachen Oerter an der Festung Breslau ausbessern, auch da, wo es nöthig ist, noch was aufsetzen lassen und, so gut wie möglich, im Defensionsstande setzen, auch an den Oerterrn, wo die Oder so flach ist, dass man zum Schaden der Festung durchwaten kann, allenfalls Fussangeln oder Balken mit eingeschrobenen spitzen und auswärts stehenden Messern in das Wasser werfen lassen, damit nicht durchzukommen.

Ihr sehet wohl, dass Meine Sachen in diesen Moments übel stehen und dass Ich das, was Ich jetzo thun werde, obwohl mit vielem Hasard thun und alles auf das Glück und die Évènements ankommen lassen muss. Lasset Euch aber solches als einen braven, treuen und rechtschaffenen Officier um so viel mehr animiren, Euer Devoir zu thun und munter, vigilant und activ zu sein, auch alle menschmöglichste Mesures und Précautions, so lange es die Zeit gönnet, zu einer rechtschaffenen Defension zu nehmen, auf den Fall, dass ein Feind sich daran machen will.

Friderich.

P. S.

Wegen der kleinen Oder könnet Ihr auch indess die Ohla gleich stauen und eine gute Redoute vorlegen lassen, dass der Feind nicht sogleich an die Stauung heran kann. Die Regenzeit kommt heran, da die Oder vermuthlich auch bald wachsen wird.

Nach dem Concept.

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12-5 Nr. 12409.