12499. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN MAGDEBURG.

Meissen, 13. November 1760.

[Eichel übersendet dem Minister das Cabinetsschreiben an Knyphausen und Michell (Nr. 12498).]

Ew. Excellenz habe die Ehre, sonsten hierbei die Liste derer in letzterer Bataille gefangenen österreichschen Generals und übrigen Officiers nunmehro hierbei zu übersenden, damit solche zu der Ew. Excellenz vorhin schon übersandten Relation82-1 mit angedrucket werden könne.82-2 Da die Relation schon vor der Bataille hinausgehet, so haben des Königs Majestät vor gut gefunden, auch die auf denen Märschen kurz vor der Bataille gemachte österreichsche kriegesgefangene Officiers, wiewohl besonders, mit anhängen zu lassen, welche auch dergestalt mit anzudrucken sein werden. Es hat mir Mühe gekostet, diese Liste complet und exact zu erhalten, da die Anzahl derer gefangenen Officiers sich täglich vermehret und noch diese Stunde sich deren immer mehr und mehr von denen, so auf denen Dörfern bei Torgau herum, ja einige Meilen davon, blessiret liegen, als Kriegesgefangene angeben oder gefunden werden. Dahero dann auch deren Anzahl in der Liste gegen die, so in der Relation gesetzet worden, differiret und, wo möglich, in letzterer die Summe dererselben noch zu corrigiren sein wird. Die Summe derer eroberten Canons hat sich auch noch geändert, indem dererselben jetzo wirklich 46 Stück, worunter 2 schwere 12 pfündige, nebst 3 Haubitzen und 1 schweren 50 pfundigen Mortier, zusammen 50, vorhanden sein. Die Anzahl derer gefangenen Unterofficiers und Gemeine gehet auch über 7000 und bereits zwischen 8 und 9000 heran, deren Anzahl sich auch noch immer mehret.

Des Königs Majestät hoffen, Ew. Excellenz werden von denen französischen und deutschen Exemplarien der Relation, wenn solche abgedrucket sein wird, eine Anzahl von etwa 30 Stück hiehersenden, damit Sie solche bei der Armee austheilen können; wie dann gleichfalls Ew. Excellenz einige Stücke in beiderlei Sprache alsdenn an des Prinzen Ferdinand von Braunschweig Durchlaucht per Estafette senden möchten.

Was die Liste unserer in der Bataille gehabten todten und blessirten Officiers angehet, da habe ich aller gegebenen Mühe ohnerachtet damit noch nicht zu Stande kommen können, indem solche theils von denen Regimentern, so zum Theil wieder abwesend sein, theils von dem Lazareth zu Torgau eingezogen werden müssen, da sich ohnendliche Veränderungen bei denen speciellen Listen finden, indem theils als todt angegeben werden, die nur blessiret seind, theils als Gefangene, die sich nachher auf den Dörfern blessiret gefunden haben, und was dergleichen Details mehr sein, so eine tägliche Veränderung der Listen erfordern, so dass noch wohl ein paar Tage hingehen dörften, ehe ich im Stande sein werde, eine genuine Liste deshalb an Ew. Excellenz senden zu können. . .

[Eichel übersendet ferner u. A., „pour la rareté du fait“ , aufgefangene Briefe, „so einige österreichische Generals und Officianten an einander geschrieben“ , woraus zu ersehen sei, „wie dass Lacy, als er in Berlin gewesen, nicht nur das ganze schwedische Corps dahin ziehen, sondern auch solches nachher bei der österreichschen<83> Armee behalten wollen, so lange als es ihm gefällig gewesen wäre, solches einmal wieder zurückgehen zu lassen“ .]

. . . Die von Ew. Excellenz mir gnädig communicirete Correspondance mit M. Mitchell remittire schuldigst hierbei; ich hoffe, dass auf Deroselben letzteres Schreiben und bei Gelegenheit der an seinem Hofe geschehenen Veränderung er sich ravisiren werde. Die Auslegung aber, so er machen wollen, als ob der König ihm seinen Posten zu Glogau angewiesen, ist etwas zu milde, da des Königs Majestät ihm in dem Moment, als Sie aus dem Gebirge nach Sachsen marschiren wollten, überliessen, Deroselben bei der Armee zu folgen oder aber auf Glogau zu gehen, um à portée zu sein, wenn des Königs Majestät der Gegend in der Lausnitz wären, zu Deroselben zu stossen, welches Sie auch demselben durch den Herrn von Schlabrendorff ganz deutlich insinuiren liessen.83-1 Es würde auch dem König dermalen um so lieber gewesen sein, wann M. Mitchell ohngefähr der Gegend Sagan zu Sie gekommen wäre, weil Höchstdieselbe mir anvertraueten, dass Sie intentioniret wären, ihn selbst mit einer Commission von Importance an seinem Hofe zu schicken, so aber, weil er nicht kam, unterbleiben musste und nunmehro auch ganz gut ist, dass es nicht geschehen. Welches jedoch nur en secret melde.

Ueber das Mémoire, das Dresdensche Bombardement betreffend,83-2 wüsste ich nicht das geringste zu sagen, als nur dass, da wichtigere Évènements erstere Sachen bei dem Publico nunmehro schon in das Vergessen gebracht, es nunmehro wohl nicht de saison mehr sein dörfte, das Publicum darüber reveilliren zu wollen, daferne sich nicht noch etwa eine ganz bequeme Gelegenheit eröffnete, ganz oder zum Theil Gebrauch davon zu machen.

Des Königs Majestät erinnern Sich noch öfters des verlangten Promemoria wegen der von Oesterreichern und Russen bei letzterer Invasion in und bei Berlin begangenen Violences und Cruautés.83-3 Alle Specialia davon anzuführen, würde ohnmöglich sein, auch das Volume zu stark machen, die am meisten in die Augen fallende aber, unter welchen des Königs Majestät in specie das [meinen], was mit der Leiche des verstorbenen Oberstallmeister von Schwerin und seiner Gemahlin geschehen, sowie es der Obriste von Schwerin selbst dem König erzählet, haben Höchstdieselbe exprès genannt, und wird also nicht auszulassen, vielmehr das Mémoire zu pressiren seind, ehe das Publicum dieses betrübte Évènement vergisset und aus der Acht lasset.

Hier seind wir noch in der Erwartung, wie es mit Dresden gehen wird. Alle Arrangements und Präparationes der Oesterreicher gehen dahin, als ob sie diesen Platz, wie ganz Sachsen, verlassen wollten. Die Armee von ihnen stehet hinter Dresden, jenseits der Elbe haben sie nichts mehr; ihre Bagage und dasjenige, so sie bei uns und in Sachsen geraubet haben, schicken sie nach Böhmen; alle ihre Kranke und Blessirete, deren ohnsäglich viele unterwegens crepiren, schicken sie gleichfalls dahin; Freiberg und das Gebirge in Sachsen haben ihre Truppen verlassen und sich auf Dippoldiswalde und auf den Weg nach Böhmen gezogen. Leute, so aus Dresden kommen, versichern einmüthig, dass das sächsische Ministère in Dresden und andere sächsische Officianten alles einpacken und nach Böhmen gehen; dass die Oesterreicher bis auf ein gar weniges ihre Feldbäckerei aufheben, dass sie ein ganz geringes an Magazin drin haben und eine Quantité Gersten, so sie vorhin aus Böhmen kommen lassen, verkaufen und denen Dresdenern zum Verkauf aufzwingen. Unsere Gefangene und alles dergleichen, auch die Artillerie, wie man versichern will, wird nach Böhmen fortgeschaffet, und der ganze Weg von Dresden über Giesshübel nach Böhmen soll voll von österreichschem Train bis in Böhmen seind. Demohnerachtet aber kann man mit Gewissheit noch nicht sagen, dass sie Dresden verlassen wollen, da einige, obschon wenige, Data dagegen seind. Es muss sich aber dieses in gar wenig Tagen developpiren, da der König eine Brücke hier über die Elbe geschlagen und heute über solche gegen die Neustadt von Dresden etwas detachiret, der General<84> Zieten aber diesseits mit einem Corps bis Bennerich vorrücket und Dresden durch einen Trompeter, mit der Menace, entstehenden Falls die Stadt zu bombardiren, auffordern lassen wird. Des Königs Majestät dörften auch vielleicht bis Wilsdruff vorrücken. Was alles dieses vor Impression und Mouvements machen wird, stehet zu erwarten.

Ich melde dieses nur zu Ew. Excellenz alleinigen Nachricht und bitte, noch nichts davon in das Public glissiren zu lassen, bis sich erst alles mehr eclairiren lassen wird. Die Consternation und Terreur bei der feindlichen Armee soll gross und ihr Verlust noch grösser sein, als wir solches zur Zeit wissen. ..

Gott erfülle Ew. Excellenz und meinen Wunsch, damit alles zu einem baldigen und guten Frieden ausschlage !. .

Eichel.

Auszug aus der Ausfertigung.



82-1 Nr. 12467.

82-2 Vergl. Berlinische Nachrichten vom 20. November, Nr. 140 und Danziger „Beyträge“ Bd. 11, S. 82.

83-1 Vergl. Nr. 12413.

83-2 Vergl. Nr. 12457.

83-3 Vergl. Nr. 12441.