12911. AN DEN GENERALLIEUTENANT VON TRESKOW, COMMANDANTEN VON NEISSE.

Kunzendorf, 25. Mai 1761.

Euer Bericht vom 23. dieses ist Mir eingeliefert worden. Dasjenige, was Ich Euch jüngsthin wegen dort überall einzuziehender Nachrichten geschrieben,418-2 ist nicht geschehen: als ob Ich glaubte, dass Laudon jetzo gleich oder auch sobald daselbst was unternehmen würde, sondern dass Ich wissen will, ob und was vor Mouvements derselbe dorten von Zeit zu Zeit machet und wie seine Dispositions allda, auch bis in Mähren hinein sein mögen; welches und was deshalb passiret, wann Ihr Mir solches mit so vieler Zuverlässigkeit als möglich meldet, Mir viel Licht wegen derer Desseins des Feindes und dessen Absichten giebet; daher Ich Euch alle Attention darauf, und Mir solches fleissig zu berichten, nochmals recommandire.418-3 Was Ich Euch nachstehend<419> schreibe, solches könnet Ihr ohne einiges Bedenken dorten überall discursivement ausbringen.

Nachdem Ich nunmehro Meine Alliance mit der Pforte wirklich geschlossen und der Tractat gezeichnet worden ist, so denke Ich, dass der Krieg gegen Meine Feinde mit mehrerer Égalité als bisher geführet werden soll. Die grosse Animosité dieser Meiner Feinde gegen Mich, welche den jetzigen so ungerechten als ohnüberlegten Krieg ihrerseits erreget und verursachet hat, dass bei denenselben aller Wohlstand, Recht und Billigkeit, ja selbst die Menschlichkeit aufgehöret hat, hat bei Mir den Entschluss verursachet, dass Ich mit denen Türken Liaisons genommen, als von denen Ich persuadiret bin, dass Ich bei ihnen mehr gute Treue und Glauben finden werde, als Ich jemalen vorhin und vor dem Kriege von Meinen jetzigen Feinden ohnerachtet aller ihrer mit Mir dermalen geschlossenen Friedenstractaten erhalten mögen, und dass bei denen Türken mehr bonne foi, Justice und Menschlichkeit als bisher bei jenen sein werde und davon ihnen die Reue, obgleich vielleicht zu späte, kommen dörfte.

Friderich.

Nach der Ausfertigung im Kriegsarchiv des Königl. Grossen Generalstabs zu Berlin.



418-2 Vergl. S. 410. Anm. 2.

418-3 Am 26. Mai wird dem General Treskow bekannt gemacht, dass der König ein Detachement von 500 Pferden zur Verhinderung der feindlichen Streifereien unter dem Major von Zeilenberg, den Treskow zu benachrichtigen habe, gegen Neisse schicke. Die Festung Neisse soll der General im Falle einer Belagerung für eine Armee von 40000 Mann auf 4 bis 5 Tage mit Brod verproviantieren, „damit Ich solches, wann mit der Armee bei Neisse ankomme, an Mich ziehen kann“ . [Berlin. Generalstabsarcbiv.]