12912. AN DEN GENERALMAJOR VON GRANT IN NEISSE.419-1

Kunzendorf, 25. Mai 1761.419-2

Da Ich nunmehro eine Alliance mit der Ottomanischen Pforte geschlossen und unterzeichnet habe, so gedenke Ich ins künftige den Krieg, wo nicht mit Superiorität, doch wenigstens mit mehrer Egalität zu führen. Die Animosität Meiner Feinde, so Mir den blutigsten Krieg zugezogen, hat Mich genöthiget, ein Bündniss mit den Türken einzugehen. Ich habe bei denenselben mehr bonnes fois, Justice, Treue und Glauben gefunden, als bei denen gegen Mich kriegführenden christlichen Mächten, welche mitten in den Zeiten, da Ich mit ihnen in den heiligsten Tractaten stund, Meine Macht und Ehre zu untergraben und Meinen Umsturz zu befördern suchten. Die ganze Welt und Christenheit wird also Meinen gethanen Schritt billigen, wenn Meine Feinde, wiewohl zu spät, ihre unüberlegte und widerrechtliche Handlungen bereuen, indem es nunmehro nicht von ihnen abhanget, sich mit Mir zu vergleichen. Ihr habt also die Türken als Meine Alliirten zu consideriren<420> und ihnen bei ereigneter Gelegenheit allen Vorschub zu leisten. Ihr werdet von Mir fernere Verhaltungsbefehle erhalten.

[Friderich.]

Nach einer Abschrift im Kaiserl. und Königl. Kriegsarchiv zu Wien.



419-1 Dies Schreiben war vermutlich bestimmt, den Oesterreichern in die Hände gespielt zu werden, eine Absicht, die auch gelungen ist. Es ist mehr an die Adresse des wiener Hofes als an Grant gerichtet. Im Kriegsarchiv zu Wien findet sich ein vermuthlich an Daun gerichteter Brief, d. d. Görlitz 19. Juni, unterzeichnet „F. v. Kesslerz“ , in welchem es heisst: „Aus beigefügter Copie werden Ew. Excellenz ein Schreiben ersehen, welches der König nach Neisse und andere Commandanten geschickt haben soll. Ich habe es aus der Nieder-Laussnitz erhalten; man trägt sich in Schlesien damit als mit einem Geheimniss.“

419-2 In der Vorlage: 1760.