12988. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN MAGDEBURG.

Kunzendorf, 23. Juni 1761.

Wie sehr [aigriret] des Königs Majestät über die Propos sind, welche M. Pitt dem Herrn von Knyphausen nach dessen letzteren Dépêche gehalten hat, solches werden Ew. Excellenz aus dem königlichen Schreiben482-2 ... zu ersehen geruhen. Der Herr von Knyphausen hat einen sehr delicaten Pas zu thun; er allein, und nach der Kenntniss, so er von dem König und dann von dem dortigen Terrain hat, wird wissen, wie er es so tractiren soll, ohne das Kind mit dem Bade auszugiessen und sonder alles dort zu revoltiren und dennoch eine Art von Fermeté zu bezeigen. Ich habe nach meiner vorigen wenigen Erfahrung nie den Krieg so sehr als den Lauf derer Negociationen gefürchtet. Gott helfe uns! Die Expedition, wovon der König<483> Ew. Excellenz avertiret, wird gut sein, wenn sie reussiret. Die erste Idée hat der General Goltz selbst gegeben,483-1 er biaisiret jetzo etwas; schlägt sie um, so kann sie übele Folgen haben, gehet es gut, so ist sie avantageux. Man wird sich aber inzwischen hier sehr geschlossen und vigilant die vierzehen Tage über halten müssen. Weil zu vermuthen ist, dass die Oesterreicher sich indess in der Lausnitz etwas regen werden, so dörfte dieses die Correspondance vorerst etwas unsicher machen . . .

Wann sonst die Goltzische Expedition etwas gut ablaufen wird, so bleiben der Prinz Heinrich mit Ihrem Corps in Sachsen stehen, wann schon Daun nach Schlesien rücken sollte. Die Tâche des Prinzen wird alsdann sein, die Churmark, Sachsen und das Magdeburgische zu protegiren. Ich bitte Ew. Excellenz um Gottes Willen, Sich an den würdigen Prinz zu halten, damit Magdeburg keinen Revers habe; so besorgt ich vor Berlin bin, so lieget mir doch Magdeburg noch mehr zu Herzen. Auch der Prinz Ferdinand von Braunschweig würde einer Tentative darauf nicht indifferent zusehen können. Ich kenne und finde keinen Wahlschmidt 483-2 bei der Armee noch gar nicht; die Schmettausche Schule hat mir nie gefallen. Der Prinz Heinrich würde diesen Umstand gleich heben können, wann Ew. Excellenz ihn disponireten, durchzugreifen und ersteren beorderten, zu einem Posten nach Torgau, Wittenberg oder Garnisonregiment zu gehen, da der Commandant einen anderen guten Officier, so im Felde nicht mehr recht fort kann, zum Adjutanten nehmen könnte.

Ich leide heftig am Leibe, sowie noch mehr am Gemüthe, so dass die Zeit meiner Wallfahrt bald endigen dörfte. Des Königs gnädige Gesinnung und mein guter Wille vor Dero Dienst souteniren mich noch, es wird aber doch nicht lange mehr mit mir gehen, und die vielen Besorgnisse, so ich habe, consumiren mich. Ew. Excellenz gnädiges Vertrauen und Wohlwollen als meine grösseste Consolation erbitte mir ferner respectuosest..

Eichel.

Nach der Ausfertigung.



482-2 Nr. 12987.

483-1 Vergl. Nr. 12980.

483-2 Adjutant des Commandanten von Magdeburg, früher bei Schmettau.