1762. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.

Neisse, 27. März 1745.

... „Die jetzigen Conjoncturen, dasjenige, so aus Sachsen gemeldet wird; Die Arrangements, welche die Oesterreicher in Böhmen und Mähren machen, um ihre Truppen zusammenzuziehen, das, was Andrié von den englischen Chipotages in Russland schreibet, die Hoffnung, womit sich der wienerische und dresdensche Hof flattiret, den Churfürsten von Baiern zu gewinnen, sammt der, den casselschen Hof zu obligiren, seine Truppen aus Baiern zurückzuziehen, nicht weniger dasjenige so wegen Turnhout passiret ist,91-1 auch andere Umstände mehr, machen zwar Sr. Königl. Majestät von einem gedeihlichen Success der englischen Negociation wenig Apparence, Sie seind aber zufrieden, wenn Sie nur erst einmal wissen, woran Sie seind und Dero Mesures darnach nehmen können. Wann aber Se. Königl. Majestät mir exprès befohlen haben, Ew. Excellenz hierbei im höchsten Vertrauen zu melden, dass woferne Höchstdieselbe sich gezwungen sähen, den einmal angefangenen Krieg zu continuiren, Sie durch die unglaubliche und ganz excessive Ausgaben, welche Sie, sowohl Dero Armee in Schlesien den ganzen Winter hindurch mit allem alleinig zu unterhalten, als auch die Magazins zur Campagne anzuschaffen, anwenden müssen, nebst dem Schaden, so Deroselben durch die Invasion der Oesterreicher in Ober- und Niederschlesien wie auch im Glatzischen geschehen, Dero Fonds dergestalt epuisireten, dass Sie Sich Schlechterdinges nicht mehr im Stande sähen, den Krieg zu souteniren, daferne Frankreich nicht resolviren wollte, des Königs Majestät zur vorstehenden Campagne Subsidien zu bezahlen — ich soll dannenhero an Ew. Excellenz melden, dass dieselbe eine wohlgesetzte Dépêche an den Baron von Chambrier aufsetzen und expediren möchten, worinnen derselbe über alle die Ursachen, welche Se. Königl. Majestät zwingen von Frankreich Subsides zu begehren, gründlich informiret und ihm dabei einhegendes Schreiben an den König von Frankreich91-2 zugesandt, er auch zugleich instruiret werden soll, davon Gebrauch zu machen und bei dem französischen Hof fordersamst dahin anzutragen, dass derselbe Se. Königl. Majestät ein Subside von drei Millionen Reichsthalern, wenigstens, anordnen möchte, wobei demselben die Wichtigkeit und Notwendigkeit dieses Begehrens und dass darunter keine Zeit zu verlieren sei, auf das triftigste und pressanteste zu urgiren wohl aufgegeben werden soll.

Diese Dépêche nebst eingeschlossenem Schreiben an den König von Frankreich soll nicht eher abgehen, bis Ew. Excellenz das Duplicat der Relation von Andrié ... erhalten haben und daraus den Success von dessen Negociation ersehen haben werden. Sollten Ew. Excellenz daraus sehen, dass mit den Engelländern nichts zu thun sei und dass des Andrié Negociation entweder ganz echouiret sei oder doch von dem englischen Ministerio<92> neue Chevilles und ungewisse weit aussehende Dinge gemachet werden, so sollen Ew. Excellenz die im Vorrath fertig gehaltene Dépêche auf das sicherste und fordersamste an den p. Chambrier abgehen lassen; daferne aber aus der Andriéschen Dépêche mit einiger Zuverlässigkeit zu ersehen wäre, dass das englische Ministerium Sr. Königl. Majestät Propositiones goutirten, und Hoffnung sei, einen baldigen Frieden zu haben, wenn auch solcher nur auf den Fuss des Breslauschen wäre, so könnte auf solchen Fall mehrermeldete Dépêche an den Chambrier noch zurückbleiben.

Des Königs Majestät allergnädigste Intention ist hierbei, dass weil Ew. Excellenz doch das Duplicat der Andriéschen Relation drei bis vier Tage wenigstens eher, als Höchstdieselbe des Andrié Bericht hier, bekämen, Sie nur, nach dem nun der Einhalt derselben sein würde, Dero Mesures darnach nehmen, und ohne weitere allergnädigste Ordre von hier aus darüber zu erwarten, vorermeldeter Massen und zu Gewinnung der Zeit besorgen möchten.

Dabei soll auf allergnädigsten Befehl noch melden, dass wenn Ew. Excellenz aus der gemeldeten Andriéschen Relation ersehen sollten, dass von der englischen Negociation nichts zu hoffen, dieselbe alsdann zugleich und sonder Anstand den Herrn von Mardefeld instruiren sollten, die russische Mediation ohne weiteren Aufenthalt zu suchen und durch alle nur ersinnliche und convenable Moyens die russische Kaiserin sowohl als Dero Ministres dahin zu bringen, dass die Mediation mit Ernst, Eil und Nachdruck vorgenommen und dadurch Se. Königl. Majestät aus Dero embarrassanten und épineusen Umständen bald möglichst gezogen werden möchten. Wegen des p. Andrié habe noch vergessen zu melden, dass wenn er mit seiner Negociation echouiren sollte, er es endlich dahin zu bringen suchen sollte, dass das englische Ministerium seine Parole d'Honneur geben, von denen Propositiones, so Se. Königl. Majestät en confidence gethan, keinen üblen Gebrauch zu machen, sondern solche bestens zu secretiren und als nie geschehen anzusehen und ruhen zu lassen, wie denn auch der Andrié alles gethan haben würde, um nichts schriftliches desfalls von sich gegeben zu haben.

Auch wollen Se. Königl. Majestät, dass dem p. Chambrier die letztere Dépêche des Herrn Grafen Beess zu Dresden, vom Dato des 20. Marth c. (worinnen er von der erhaltenen Nachricht des sächsischen Desseins, zu Bautzen ein grosses Magazin zu formiren und mit einem zusammenen Corps von 30,000 Mann gegen Se. Königl. Majestät in Niederschlesien besonders agiren zu wollen, Meldung thut, und davon Ew. Excellenz sonder allen Zweifel das Duplicatum erhalten haben werden) communiciret und demselben zugleich aufgegeben werden soll, dem französischen Ministerio, und wo es nöthig ist, Vorstellung zu machen, in was vor höchst bedrängete Umstände Se. Königl. Majestät zu kommen risquireten, daferne die französische Armées nicht sonder den geringsten Zeitverlust in Baiern sowohl als am Main mit aller<93> Vigueur zu agiren anfingen, um dadurch Sr. Königl. Majestät einige Luft zu machen, damit Sie nicht von der ganz überlegenen Macht der Feinde accabliret oder gezwungen würden, zu allem, was die Feinde von Frankreich von Sr. Königl. Majestät nur verlangen würden, die Hände zu bieten, welches denn am Ende die Kron Frankreich selbst in die embarrassantesten Umstände setzen und in die grösseste Verlegenheit bringen würde. Diese Dépêche soll citissime an den Chambrier abgehen . . .

Es haben . . . des Königs Majestät mir noch sogleich befohlen, Ew. Excellenz in Höchstderoselben Namen zu melden, dass Sie mit dem baierischen Minister von Spon sprechen, auch den von Klinggräffen schleunigst instruiren möchten, bei dem bairischen Hofe auf das ernstlichste zu insistiren, dass die Armee sich dorten zusammenziehen und, um den Feind durch mehrere Diversions zu occupiren, mit denen Operationes den Anfang machen möchte, sonsten Se. Königl. Majestät vor nichts repondiren könnten . . .

Ew. Excellenz soll ferner melden, dass, da verlauten will, ob wollten die Sachsen einige neue in Polen geworbene Truppen nach Sachsen kommen lassen, Ew. Excellenz auf diesen Punkt alle Attention mit nehmen und solche Mesures fassen möchten, dass wenn die Sachsen dergleichen intendirten, Se. Königl. Majestät in Zeiten davon, es sei durch den p. Hoffmann in Warschau oder wie es sonsten wollte, informiret werden möchten, um Dero Mesures nehmen zu können, denen in Polen neu geworbenen Truppen den Durchzug nach Sachsen durch Schlesien oder Dero Landen zu hindern.“

Eichel.

Auszug aus der Ausfertigung.



91-1 Vergl. S. 117.

91-2 Nr. 1767.