2194. AN DEN ETATSMINISTER GRAF PODEWILS IN BERLIN.

[Potsdam], 18. April 1746.

Des Königs Majestät haben die letztere Relation vom 4. dieses des Herrn von Chambrier nicht sonderlich interessant gefunden, inzwischen aber doch demselben auf das Postscriptum sothaner Relation zu antworten befohlen, dass derselbe den Stainville wohl observiren und nicht aus den Augen lassen, sondern Acht haben solle, ob derselbe secrètement etwas negociirte oder sich ganz stille hielte, oder aber ob sonsten Émissaires von dem wienerschen Hofe sich dorten befänden, die etwas mit den Ministres von Frankreich negociirten.

Anbei sollte er suchen, den Marquis d'Argenson alleine zu sprechen und ihm en confidence zu sagen, wie man die sichere Nachricht habe, dass der in Russland befindliche österreichische Minister, der General Pretlack, sich entfallen lassen, dass die Königin von Hungern ihren geheimen und separaten Frieden mit Frankreich gemachet habe, vermöge welchen die Kron Frankreich ihr die Garantie von der Lombardie versprochen und dabei dieselbe nicht zu hindern sich engagiret habe, dass sie Schlesien wieder nähme. Des Königs Majestät wüssten zwar wohl, was Sie von dergleichen halten sollten; inzwischen sei es an dem, dass zwischen Russland, dem wienerschen und dem dresdenschen Hof allerhand tramiret werde, welches, wenn es nicht in Zeiten contrecarriret würde, von sehr weit aussehenden Suiten sein dörfte, davon Sie den Marquis d'Argenson weiter en confidence informiren würden, sobald Sie auf den Grund näher sehen könnten. Was nun der Marquis d'Argenson darauf antworten, und was vor Contenance er dabei halten würde, solches sollte der Chambrier wohl observiren und davon berichten; wie denn Ew. Excellenz denselben von den, jedoch nur nöthigsten, Umständen instruiren möchten. Wo möglich sollte dieses mit der morgenden Post abgehen.

Noch haben des Königs Majestät allergnädigst befohlen, dass dem Herrn Grafen von Finckenstein zu Stockholm alles dasjenige geschrieben werden sollte, was der Graf Lieven, jedoch ohne diesen eben zu nennen, gesagt, und was der Herr von Mardefeld von denen bösen Absichten des Bestushew gegen den Kronfolger von Schweden und von allen Menées, so ersterer deshalb gebrauchet, gemeldet hätte.

Gedachter Herr Graf von Finckenstein sollte deshalb mit des Kronfolgers Königl. Hoheit alleine sprechen und ihm solches im Vertrauen hinterbringen, mit dem Beifügen, des Kronfolgers Hoheit würden daraus sehen, was die Russen mit ihm und mit seiner Königl. Majestät intendirten, und wie nöthig es also sei, die gehörige Mesures deshalb zu nehmen; so lange die Kron Schweden und Se. Königl. Majestät nicht mit einander uniret und verbunden wären, so würde beiderseits keiner respectiret, sobald beide aber verbunden wären, würde jedermann solches respectiren und würde daher der Prinz die Nothwendigkeit sehen, sich mit des Königs Majestät zusammenzusetzen. Der Graf Finckenstein<60> sollte ihn zugleich des Apologue vom Pferdeschwanz erinnern, da jemand solchem den Schwanz ausreissen wollen, und nachdem er solchen zusammengefasset und mit allen Kräften daran gezogen hätte, sich vergebens bemühet habe; als er aber ein Haar nach dem andern gefasset und ausgerissen, sei es ihm ohne Mühe reussiret. Die Application davon sei, dass, wenn wir uns beide, einer nach dem andern, culbutiren lassen wollten, so würde einer nach dem andern verloren gehen. Die Russen wollten ihm so viel Übels wie Sr. Königl. Majestät, blieben wir aber zusammen, so respectirten sie uns beide.

Eichel.

Nach der Ausfertigung.