2. An p. Bernes in Moskau.

Dresden, 23. December 1749.

Ew. Excellenz habe hierdurch ferner ohnverhalten sollen, dass da der Graf von Keyserlingk vormals von seinem Hof beordert gewesen, den hiesigen zur Accession zu dem im Jahre 1746 zwischen beiden kaiserlichen Höfen geschlossenen Tractat zu vermögen207-1 (man offerirte sich auch damals gleich hierzu, soviel nämlich hiesiger Lande äusserste Unkraft es noch leidet) ihm, Graf von Keyserlingk, auf hierüber an seinen Hof erstatteten Bericht der fernere Befehl zugekommen, dermalen dieses Werk zu seiner Endschaft zu bringen, dabei aber mit mir zu gleichen Schritten zu gehen. Selbiger hält aber dafür, dass gleichwie der Haupttractat in Russland geschlossen worden, auch die Accession daselbst zu beschenen, von uns aber allhier bloss in Ueberlegung zu nehmen, damit von diesem Hofe jemand zu diesem Ende bevollmächtiget werde. Ich gewärtige hierüber allerhöchsten Orts meine Verhaltungsbefehle.

Ohnerachtet ich mir alle Mühe gegeben, hiesigen Hof zu Empfangung der Reichslehen nach dem alten Ceremoniell207-2 zu bewegen, so will derselbe dennoch unter dem leeren Vorwand, als ob dieses Ceremoniell allzu niederträchtig, mithin der königlichen Würde zu nachtheilig wäre, sich hierzu nicht verstehen. Keyserlingk hat mich hierunter nachdrücklich assistiret und verschiedene Temperamente vorgeschlagen, wozu man sich aber hiesigen Orts, wegen verschiedener daraus entstehender Unanständigkeiten, nicht verstehen kann. Da ich nun aber genug abmerke, dass dieser Hof die meiste Rücksicht auf den russisch-kaiserlichen mache, so wäre es allerdings dienlich, wenn Ew.<208> Excellenz an den Grafen Keyserlingk fernere nachdrückliche Ordre bewirken könnte, dass er mit seinen Vorstellungen nicht nachzulassen, bis der hiesige Hof sich der allerhöchsten kaiserlichen Intention conformiret.

Der General Frankenberg hat mir sein Verlangen in kaiserliche Dienste zu treten eröffnet. Weil ich nun darüber gleich damals nacher Hofe geschrieben, bis daher aber keine Resolution erhalten, so glaube, man müsse allerhöchsten Orts nicht gemeinet sein, denselben anzunehmen. Ich bin begierig, zu vernehmen, was des vor einigen Monaten von hier abgegangenen Kammerjunkers Gurowski dasige Verrichtungen seind, zumal ich muthmaasse, dass er wegen des Grafen von Sachsen in den kurländischen Angelegenheiten etwas in Commission habe.208-1 Der bei dem kaiserlichen Hof accreditirte churpfälzische Minister Baron Beckers ist dieser Tage von Danzig, wo er die dem Hause Pfalz vormals zugehörige Güter dem Fürst Radziwill übertragen, hier angekommen, wo er sich noch einige Tage aufhalten wird. Selbiger soll auf diese kurze Zeit mit Credentialien an diesen Hof versehen sein, um, wie vorgegeben wird, einige annoch unabgemachete Differenzien beizulegen. Ich muthmaasse aber vielmehr, dass selbiger wegen der Reichsbelehnung mit dem hiesigen Hofe Maassregeln zu nehmen instruiret seie.

Hiesiger Hof hat aus London Nachricht erhalten, dass man ihme keine Subsidien werde reichen lassen. Der Graf von Keyserlingk will seinem Hofe unmaassgeblich rathen, den englischen auf bessere Gedanken zu bringen, und hat mich auch ersuchet, unsern Hof dahin zu vermögen, dazumalen dem hiesigen nicht zu verdenken sein würde, wann selbiger mit Frankreich den Subsidientractat zu verlängern sich genöthiget sehen würde.

Graf von Sternberg.



207-1 Vergl. S. 82. 187.

207-2 Vergl. S. 130. 150. 187.

208-1 Vergl. S. 186. 187.