4497. AN DEN RÖMISCHEN KAISER IN WIEN.

Berlin, 31. August 1750.

Ew. Kaiserl. Majestät ist bekannt, in was vor Weitläuftigkeit die Gräfin von Bentinck, geborne Gräfin von Aldenburg, mit dem Grafen von Bentinck gerathen, und wie dieser Gelegenheit gefunden, es bei dem<68> Königlich dänischen Hofe dahin zu bringen, dass sie unter dem Vorwand des nicht gehaltenen unter ihnen getroffenen Scheidungscontracts ihrer Herrlichkeit Varel entsetzt und genöthiget worden, bei Ew. Kaiserl. Majestät Reichshofrath gegen die von der Regierung der Grafschaft Oldenburg mit gewaffneter Hand geschehene Depossedirung und vorgenommene Sequestration Hülfe und Rettung zu suchen, welche sie auch gleich anfänglich dahin justizmässig erhalten, dass von Ew. Kaiserl. Majestät ein nachdrückliches Rescript an besagte Regierung zu Oldenburg, nun mit allen Attentaten anzustehen, am 14. Martii 1748 erlassen worden. Ob nun wohl zu hoffen gewesen, dass vorgedachter Gräfin dadurch einiges Soulagement zugehen würde, so hat sie doch bis dato dieses so wenig verspüret, dass sie vielmehr Mir demüthigst zu vernehmen gegeben, wie sie so unglücklich gewesen, dass auf alle ihre seither zwei Jahren bei Ew. Kaiserl. Majestät Reichshofrathe eingegebene Vorstellungen gar keine Resolution erfolget, hiergegen aber es dem Grafen von Bentinck wider alles Vermuthen geglücket sein solle, am 17. dieses zu Ende gehenden Monats ein Reichshofrathsconclusum herauszubringen, wornach nicht allein der von Seiten der oldenburgischen Regierung unternommenen gewaltthätigen Dejection und Sequestration der Herrschaft Varel nicht abgeholfen, sondern noch darzu, unter dem Vorgeben eines Familienwerks, auf des Grafen von Bentinck einseitige Vorstellung und inaudita altera parte, eine fernerweite sogenannte Administrations- und Sequestrationscommission über sämmtliche von der Gräfin von Bentinck noch besitzende Güter erkannt und solche des Königs von Dänemark Majestät als Grafen von Oldenburg aufgetragen sein, wodurch sie dann vollends um das ihrige gebracht und zum Sacrifice ihres Gegners gemacht werden wollen, dem doch nach dem mit ihr in anno 1740 errichteten Separationsvergleich nicht das mindeste Recht oder Prätension an ihren Gütern weiter gebühre.

Wann nun mehrgedachte Gräfin, um bei Ew. Kaiserl. Majestät Mein Vorwort in ihren betrübten Umständen einzulegen Mich wehmüthigst angegangen, so habe Ich sowohl als mitausschreibender Fürst des niederrheinisch-westphälischen Kreises, wie auch in Ansehung des ihr widerfahrenden und von Ew. Kaiserl. Majestät Reichshofrath vorhin selbst anerkannten Bedrucks, ihr solches um so viel weniger versagen können, als Ew. Kaiserl. Majestät preiswürdigster Eifer für die heilsame Justiz Mir die feste Hoffnung machet, es werden Dieselben Sich von der wahren Beschaffenheit der gegründeten Beschwerden oftgedachter Gräfin den geziemenden Vortrag beliebig thun und gerechtist nicht geschehen lassen, dass vorbesagtes, auf einseitige Vorstellungen und auf eine wohl nie erhörte Weise erschlichenes Conclusum zum Vollzug gebracht, sondern in der Hauptsache, welche die Gräfin von Bentinck gegen die oldenburgische Regierung eingeklaget, ferner rechtlich fortgeschritten und die von dem Grafen von Bentinck angebrachte Einstreuungen in puncto praetensae malae administrationis bonorum, wie<69> sich das der Ordnung und denen Rechten nach wohl geziemet hätte, ad separatum und zur rechtlichen Ausführung verwiesen werden möge.

Ich lasse nun zwaren dahingestellet sein, auf was vor Art und Weise der Graf von Bentinck vorbesagtes präjudicirliches Conclusum herausgebracht haben möge, und wird die Gräfin von Bentinck wohl nicht entstehen, ihre dagegen habende nicht geringe Gravamina sowohl quoad formalia als materialia Ew. Kaiserl. Majestät zur gerechtesten Remedur allerunterthänigst vorzulegen; indessen ist Mir der bei dieser ganzen Sache gebraucht sein sollende Modus in referendo als expediendo und andere der Ordnung und Ew. Kaiserl. Majestät Wahlcapitulation entgegenlaufende, dabei vorgekommene Umstände höchst bedenklich geschienen, zumalen es nicht leicht erhört sein mag, dass in einem rechtshängigen Process von einem in Judicatu prolabirten Erkenntniss, wie doch von Ew. Kaiserl. Majestät unterm 14. Marth 1748 hierunter erlassen, ohne dass ein oder ander Theil dagegen Remedia interponiret, simpliciter abgewichen, denen nicht communicirten Petitis des Grafen von Bentinck arbitrarie nachgegangen und diese so wenig als das Königlich dänische Schreiben, dessen in mehrbesagtem Concluso erwähnet wird, der Gräfin von Bentinck bis diese Stunde zur Wissenschaft gekommen und überdas die ganze Sache als ein Familienwerk angesehen werden wollen, da sich doch der Graf von Bentinck in dem mit der Gräfin im Jahr 1740 errichteten Separationsvergleich alles Anspruches auf der Gräfin teutsche Güter begeben, dem ohnerachtet aber, auf seine einseitige Vorstellungen, zur Sequestration eben dieser Güter geschritten und gegen die Gräfin von Bentinck auf eine befremdliche Art mit der Execution der Anfang des Processus gemacht werden wollen.

Diese und andere in vorberührtem Concluso enthaltene sehr bedenkliche Verfügungen würde Ich nun zwaren, in Hoffnung einer von Ew. Kaiserl. Majestät zu machenden gerechtesten Remedur zur Verantwortung derjenigen gestellet sein lassen, die daran Theil genommen haben mögen, wann man sich nur begnüget hätte, der Gräfin von Bentinck dadurch allein wehe zu thun; da aber auch zugleich die Gerechtsame des niederrheinisch-westphälischen Kreisdirectorii darin merklich gekränket werden wollen, indem von dem Reichshofrath mit dessen reichsgrundgesetz- und Ew. Kaiserl. Majestät wahlcapitulationswidriger Vorbeigehung eine Untersuch- und Administrationscommission auf des Königes von Dänemark Majestät als Grafen von Oldenburg, welche doch reichs- und actenkundigermaassen Pars und Beklagter in der Hauptsache seie, erkannt worden und dieses mit der in obgedachtem Concluso angeführten Ursache, als wann wohlgedachte des Königes von Dänemark Majestät als Schiedesrichter in denen Ehepacten de anno 1733 erkieset wären, bedecken lassen dörfte, als sicherem Vernehmen nach davon keine Sylbe in denselben anzutreffen sein solle; und wann auch gleich solches wäre, so sind dennoch besagte Pacta durch den nachherigen Separationstractat völlig abgeändert worden, am wenigsten<70> aber würde sich durch solche Verfügungen denen durch die Reichsgrundgesetze stabilirten Kreisdirectorialgerechtsamen derogiren lassen.

Ew. Kaiserl. Majestät werden Mir derohalben als mitausschreibendem Fürsten des niederrheinisch-westphälischen Kreises nicht zu verdenken geruhen, wann Ich gegen diese denen Kreisdirectorialbefugnissen prä judicirliche reichshofräthliche Verfügung hiemit auf das feierlichste und geziemend zu protestiren, auch solche Jura für Mich und das gesammte Kreisdirectorium ausdrücklich zu reserviren genöthiget werde, wobei Ich zugleich Ew. Kaiserl. Majestät hiemit geziemend zu erkennen zu geben nicht Umgang nehmen können, wie Ich eine von des Königes in Dänemark Majestät anzuordnende Administrationscommission in der Herrschaft Knyphausen und dessen Zubehör nimmermehr verstatten, noch aus anderen sehr erheblichen Considerationen jemals geschehen lassen könne. Zu Ew. Kaiserl. Majestät Justizeifer und rühmlichsten Gedenkensart lebe Ich aber der Hoffnung, Dieselbe nach genommener näheren Einsicht der Sache geruhen werden, das von Dero Reichshofrath hierunter vorgenommene, fast übereilet scheinende Verfahren zu missbilligen und abzustellen, das am 14. Martii 1748 an die oldenburgische Regierung ergangene Rescript durch ein näheres geschärftes zu revigorisiren, die einseitig eingeschobene gräflich Bentincksche Vorstellung vom 23. Julii a. c. mittelst deren Communication an die Gräfin ad separatum zu verweisen, auch die neuerlich auf des Königs in Dänemark Majestät als Grafen von Oldenburg zum offenbaren Präjudiz des niederrheinischwestphälischen Kreisdirectorii erkannte Administrationscommission zu cassiren und aufzuheben, und wann allenfalls selbe nach ordnungsmässiger Instruction des Processes dennoch nöthig gefunden werden sollte, solche dem niederrheinisch-westphäüschen Kreisdirectorio reichsgrundgesetzmässig auftragen zu lassen.

Ew. Kaiserl. Majestät werden Mich durch diese an sich rechtliche Verfügung sehr verbinden, auch eine verlassene, von dem grössesten Theil des zu ihrer Subsistenz gewidmeten Vermögens bereits vorhin entsetzte Gräfin höchlich consoliren. Ich wünsche übrigens nichts mehr, als Gelegenheit zu erlangen, Ew. Kaiserl. Majestät wirkliche Proben Meiner Deroselben gewidmeten Hochachtung und Freundschaft zu geben, und verharre mit aller Ergebenheit etc.

Friderich.

H. Graf von Podewils. E. W. Graf von Bredow. Finckenstein.

Nach dem Concept.