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Kaiser Karl V. hatte sich an die Spitze der Katholiken gestellt. Der berühmte unglückliche Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und Philipp der Großmütige, Landgraf von Hessen, waren die Führer der Protestanten. Der Kaiser schlug sie bei Mühlberg in Sachsen (1547). Er und Kardinal Granvella bedienten sich einer unwürdigen List, um den Landgrafen von Hessen zu täuschen. Karl V. glaubte sich berechtigt, durch eine zweideutige Zusage freien Geleits den Landgrafen in die Gefangenschaft zu locken, worin er dann einen großen Teil seines Lebens verbrachte. Kurfürst Joachim, der das freie Geleit verbürgt hatte, war durch diese Treulosigkeit schwer gekränkt. In seinem Zorn zog er den Degen gegen Herzog Alba1, aber man trennte sie. Johann Friedrich von Sachsen wurde abgesetzt. Der Kaiser gab sein Kurfürstentum dem Herzog Moritz von der albertinischen Linie. Joachim erkannte indessen das vom Kaiser erlassene Interim2 nicht an.

Die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg wurden vom Kaiser beauftragt, Magdeburg zu belagern3; die Stadt ergab sich, nachdem sie sich vierzehn Monate lang verteidigt hatte. Die Kapitulation erfolgte unter so milden Bedingungen, daß der Kaiser sich nur schwer zur Bestätigung entschloß. Da der Erzbischof von Magdeburg gestorben war, wählten die Domherren an seiner Statt Bischof Friedrich von Havelberg, den zweiten Sohn des brandenburgischen Kurfürsten. Und Joachim genoß solches Ansehen, daß er nach Friedrichs Tode seinem dritten Sohn, dem Protestanten Sigismund, zur Nachfolge auf dem Magdeburger Erzbischofssitz verhalf.

Kurfürst Joachim ließ im Jahre 1555 auch die Festung Spandau erbauen. Der Ingenieur, der den Bau angelegt hat, hieß Chiaramela. Zu jener Zeit muß man wohl in keiner Art von Künsten auch nur das geringste verstanden haben; sonst hätte man nicht bei jeder Kleinigkeit seine Zuflucht zu Ausländern genommen. Aber wie konnte man Plätze verteidigen, wenn man sie nicht zu befestigen wußte? Markgraf Johann, des Kurfürsten Bruder, ließ zur selben Zeit an den Werken von Küstrin arbeiten. Es war damals vermutlich Mode, Festungen anzulegen. Karl V. gab in Gent, Antwerpen und Mailand das Beispiel dazu. Hätte man aber eine genauere Vorstellung davon besessen, wie eine Festung zu benutzen ist, so hätte man auch Ingenieure für den Bau gehabt.

Von seinem Schwager, König Sigismund II. August von Polen, erhielt Joachim II. im Jahre 1569 das Recht, die Erbfolge des Herzogs von Preußen, Albrecht Friedrich von Brandenburg4, anzutreten, falls dieser ohne Leibeserben stürbe. Dafür ver-


1 Vielmehr gegen Granvella.

2 Das Augsburger Interim von 1548, das die Stellung beider Bekenntnisse zueinander regeln sollte. Während Joachim II. es anerkannte, verwarf sein Bruder, Johann von Küstrin, das Interim.

3 Wegen ihres heftigen Widerstandes gegen das Augsburger Interim war über die Stadt Magbeburg die Reichsacht verhängt, mit deren Vollstreckung Kurfürst Moritz betraut wurde (1550).

4 Sohn Herzog Albrechts (vgl. S. 22).