<59> Adolf von Georg Wilhelm die Festungen Küstrinrin und Spandau gefordert hatte1. Die Verhältnisse hatten sich jedoch seit jener Zeit erheblich geändert. Der Fürst, an den die Schweden sich jetzt wandten, war ein ganz anderer Mann als Georg Wilhelm. Der Kurfürst wies die unbescheidene Forderung mit Stolz zurück (1654) und fügte hinzu: wenn der König von Schweden tatsächlich Rußland angreifen wolle, so verpflichte sich der Kurfürst, ein Korps von 8 000 Mann für diesen Krieg zu stellen. Er tue das um so lieber, als das Vordringen der Moskowiter in Polen ihn befürchten lasse, sie möchten sich auch seinen Grenzen nähern. Diese kunstgerechte Abfertigung ließ die Schweden erkennen, daß der Kurfürst weder furchtsam noch dumm war.

Unterdessen wies er die Republik Polen auf die Gefahr hin, die ihr drohte. Sie bat ihn um Beistand mit seiner Artillerie, seinen Truppen und seinem guten Rat. Der Bitte folgte eine Gesandtschaft, die um Vermittlung nachsuchte, damit baldigst eine Einigung mit Schweden zustande komme. Und ihr folgte wieder eine, die ihn drängte, Subsidien zu den Kriegskosten beizusteuern. Der Kurfürst kannte die lärmenden Beratungen der Polen. Er wußte, sie waren schwankend in ihren Entschließungen und leichtfertig gegenüber ihren Verpflichtungen, neigten zum Kriegführen, ohne die nötigen Mittel vorzusehen, waren erschöpft durch die Räuberei der Großen und hatten unbotmäßige Truppen. Daher erwiderte er, er könne weder die Verantwortung für das Unheil, das er befürchte, auf sich nehmen, noch das Wohl seiner Länder aufs Spiel setzen, um die Republik zu retten, die seine Dienste mit Undank lohnen werde.

Angesichts des Krieges, der jeden Augenblick ausbrechen konnte, schloß er mit den Holländern ein Schutzbündnis auf acht Jahre, um seinen Staaten die Ruhe zu sichern (1655). Er suchte die Freundschaft Cromwells, des glücklichen Usurpators, der unter dem Titel eines Protektors in seinem Vaterland als unumschränkter Alleinherr schaltete. Er knüpfte Verbindungen mit Ludwig XIV. an, der seit dem Westfälischen Frieden der Schiedsrichter Europas geworden war. Er schmeichelte selbst dem Hochmut Ferdinands III., um ihn für seine Interessen zu gewinnen. Aber zur Antwort erhielt er in Wien nur jene leeren Worte, womit die Höflichkeit der Minister das Herbe einer Ablehnung zu versüßen pflegt. Ferdinand III. vermehrte seine Truppen, und der Kurfürst folgte seinem Beispiel.

Der Argwohn Friedrich Wilhelms gegen die Absichten Schwedens fand bald seine Bestätigung. Schwedische Truppen unter dem Befehl des Generals Wittenberg durchzogen die Neumark, ohne um Genehmigung nachgesucht zu haben, und marschierten auf die polnische Grenze los. Und kaum eröffnete Stenbock den Angriff auf das polnische Reich, so ergaben sich ihm schon zwei Woywodschaften Großpolens.

Da die ganze Wucht des Krieges sich gegen die preußische Grenze richtete, zog der Kurfürst mit seinen Truppen dorthin, um die rechten Maßnahmen schneller treffen


1 Vgl. S. 43