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Diese Bündnisse, die Deutschlands Ruhe sichern sollten, verloren durch ihre Zahl an Kraft. Sie ließen allzusehr die Überlegenheit Frankreichs und die Schwäche des Deutschen Reiches erkennen, das so viele Staaten umfaßte und der Macht eines einzigen Monarchen doch kaum widerstehen konnte.

Bald sah man, wie nutzlos die Vorsichtsmaßregeln der Reichsfürsten waren. Ludwig XIV., der damals selbst die Regierung übernahm, brannte vor Ungeduld, der Welt seine Herrschaft durch Taten zu verkünden, die die Augen Europas auf ihn zu lenken vermochten. An der Spitze seines Heeres zog er aus, um Spanisch-Flandern anzugreifen. Die Mitgift, die der Königin Maria Theresia noch nicht ausbezahlt war, mußte für ein Manifest herhalten1. Obwohl die Gründe in Madrid nicht für so vollwichtig gehalten wurden wie in Paris, glaubte Ludwig XIV. ganz nach der Ordnung vorzugehen, als er in die spanischen Niederlande einbrach, die zu jener Zeit nur von wenigen Truppen verteidigt wurden.

Frankreich war darauf bedacht, den Bündnissen zuvorzukommen, die zur Unterstützung Spaniens gebildet wurden. Es glaubte daher, wohl daran zu tun, wenn es mit dem Kurfürsten Freundschaft pflegte. Dieser versprach auch, sich in den Krieg, der ihn ja tatsächlich nichts anging, nicht einzumischen.2

Ludwig XIV. nahm fast ohne Widerstand einen Teil von Spanisch-Flandern ein (1668). Im folgenden Winter bemächtigte er sich der Franche-Comté, und zwar auf Betreiben des Prinzen Condé, der den Marschall Turenne um den erfolgreichen flandrischen Feldzug beneidete und ihn nun übertreffen wollte. In dieser dringenden Not suchten die Spanier Hilfe bei den Holländern, die früher von ihnen unterdrückt und mißachtet worden waren. Und die holländische Republik gewährte ihnen diesmal Beistand gegen die Unternehmungen des Königs von Frankreich. Jan de Witt, der Ratspensionär von Holland, der englische Minister Ritter Temple und der schwedische Botschafter Dohna beschlossen, den Fortschritten Ludwigs XIV. Einhalt zu tun. Bald danach traten Schweden, Holland und England im Haag zu einem Bündnis zusammen. Ludwig XIV. beschwor den Sturm, indem er selber Spanien den Frieden anbot. Er kam in Aachen tatsächlich zustande (1668). Die Bedingungen waren, daß der König die in Flandern eroberten Plätze behalten und die FrancheComté den Spaniern zurückgeben sollte. Die Holländer hätten gewünscht, daß er Flandern wieder herausgäbe. Aber wie sehr sie sich auch bemühten, den König so weit zu bringen, es war umsonst, zumal er gegen die Holländer gereizt war und Flandern für seine Absicht, sich an ihnen zu rächen, nötig hatte.

Die Pläne, die Ludwig XIV. gegen die Niederlande schmiedete, blieben nicht so verborgen, daß nicht etwas davon durchgesickert wäre. Wer am wenigsten an einer


1 Ludwig XIV. erhob im Namen seiner Gemahlin Maria Theresia, der Tochter König Philipps IV. von Spanien, nach dessen Tode (1665) Erbansprüche auf die spanischen Niederlande, indem er den von ihr bei ihrer Vermählung geleisteten Erbverzicht wegen Nichtauszahlung ihrer Mitgift für hinfällig erklärte. Daraus entsprang der sogenannte Devolutionskrieg.

2 DurchVertrag vom 15. Dezember 1667.