<97>Waffen schließlich einmal stumpf wird, so verlor auch dies Argument unmerklich die Kraft der Täuschung, und die deutschen Fürsten begriffen: wenn sie ein despotisches Regiment zu fürchten hatten, so war es nicht das Ludwigs XIV.

Zu jener Zeit aber besaß der Zauber noch seine ursprüngliche Kraft und verfehlte nicht seine Wirkung auf einen Geist, der durch seine Vorurteile schon vorbereitet war, solche Eindrücke günstig aufzunehmen. So glaubte Friedrich III. sich denn verpflichtet, dem Kaiser Beistand zu leisten. Er sandte General Schöning mit einem ansehnlichen Korps nach dem Niederrhein. Die Brandenburger bemächtigten sich Rheinbergs. Der Kurfürst selbst übernahm das Kommando über das Heer und belagerte Bonn. Mainz ergab sich den Verbündeten. Die Truppen, die diese Stadt erobert hatten, stießen zu denen des Kurfürsten und hinderten Bouffiers, Bonn Hilfe zu bringen. D'Asfeld, der Gouverneur der Stadt, kapitulierte am 10. Oktober 1689.

Der Kurfürst machte auch den folgenden Feldzug mit und fuhr fort, den Verbündeten beträchtliche Htlfstruppen gegen Frankreich zu stellen. Der Prinz von Oranien hatte in diesem Jahr nicht den Befehl über das Heer der Verbündeten in Flandern. Sein Ehrgeiz ward anderwärts, wie wir gleich berichten wollen, durch Dinge in Anspruch genommen, die ihn persönlich näher angingen.

Nach Cromwells Tod (1658) hatte sein Sohn Richard, der mehr Philosoph als Staatsmann war, auf die Macht verzichtet, die ihm der Protektor kraft seiner Usurpation hinterlassen hatte. Die Engländer beriefen darauf einmütig Karl II. auf den Thron seines Vaters (1660). Nach seinem Tod (1685) folgte Jakob II. Der Statthalter von Holland, Wilhelm III. von Oranien, der Jakobs ältere Tochter Maria geheiratet hatte, zog seinen Nutzen aus der Mißstimmung der englischen Nation gegen ihren König, dessen Hauptverbrechen darin bestand, daß er katholisch war. Es hatte sich in England längst eine ansehnliche Partei gegen Jakob II. gebildet. Kurz nach dem Tod des Großen Kurfürsten trat sie offen hervor. Da unternahm es der Prinz von Oranien, seinen Schwiegervater zu entthronen. Und als seine Intrigen ihn nicht schnell genug ans Ziel trugen, beschloß er, sich nur mehr auf seine Waffen zu verlassen. Ein Amsterdamer Jude namens Schwartzau lieh ihm für die Unternehmung zwei Millionen, mit den Worten: „Wenn Sie Glück haben, so weiß ich, daß Sie mir sie wiedergeben werden. Haben Sie Unglück, so ergebe ich mich drein, daß ich sie verliere.“

Wilhelm ging mit dieser Summe nach England, entthronte König Jakob, schlug die Partei der Gegner und wurde mit Zustimmung des Volkes, das seine widerrechtliche Besitzergreifung zu sanktionieren schien, sozusagen legitimer Beherrscher der drei Königreiche (1689). Jakob hatte sich auf dem Thron kein Ansehen zu verschaffen gewußt und ein Volk, dessen Privilegien Rücksicht verlangten, nicht zu regieren vermocht. Er ließ das Zepter seinen Händen entgleiten. Verfolgt von den eigenen Kindern, die ihm die Krone entrissen hatten, flüchtete er nach Frankreich. Seine Würde und sein Unglück vermochten ihm dort keine Achtung zu erwerben.