<VII>

Außer den schon erwähnten „Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg“, die mit den ältesten Zeiten einsetzen und bis zum Jahre 1740 führen, enthalten die historischen Schriften die Schilderung seiner eigenen Regierungszeit, seiner Kriege. Alle diese Einzeldarstellungen sollten nur Teile eines zusammenhängenden großen Werkes bilden, der „Brandenburgischen Geschichte“ (histoire de Brandebourg), wie Friedrich sie nannte.

Keineswegs stand mit dem Augenblick, da der König die historischen Arbeiten aufnahm, dieser Plan in ihm fest; erst allmählich gewann er seine Ausgestaltung. Das erste, was Friedrich schrieb, war die Geschichte des Ersten Schlesischen Krieges, an die er im November 1742 ging.

Von entscheidendem Einfluß dafür waren seine Beziehungen zu Voltaire. Seit dem Herbst 1736 stand Friedrich mit ihm in schriftlichem Gedankenaustausch. Im September 1740 hatte er die Gelegenheit wahrgenommen, seine persönliche Bekanntschaft zu machen. Noch in demselben Jahre erfolgte der erste Besuch des Dichters der „Henriade“ in Berlin. Alle seine Werke sandte dieser dem König zu, und sie fanden begeisterte Aufnahme.

Als nach dem Breslauer Friedensschluß sich in Friedrich der Wunsch nach einer Darstellung des soeben beendeten Krieges regte, dachte er sofort an Voltaire, den Geschichtsschreiber Karls XII. und Ludwigs XIV. Und so richtete er am 13. Oktober 1742 an ihn die Aufforderung, die Geschichte des „gegenwärtigen“, des Österreichischen Erbfolgekrieges zu verfassen. Niemals, so schrieb er, hätten seit der Schlacht bei Pharsalus größere Interessen auf dem Spiel gestanden, und erläuternd fügte er hinzu: „Es handelt sich um die Frage der Vorherrschaft der beiden mächtigsten Häuser des christlichen Europa.“ Dann aber entschloß sich der König selber zur Ausführung dieser Aufgabe, und zwar ist es nach seinem eigenen Bekenntnis Voltaire gewesen, der den Anstoß dazu gab. Dieser hatte ihm eben damals den esten Abschnitt seines „Essai sur les mœurs et l'esprit des nations“, eines Abrisses der Weltgeschichte, zugestellt. Friedrich schrieb ihm darauf am 15. November: „Sie haben mir so großen Geschmack an der Arbeit eingeflößt, daß ich eine Epistel, eine Komödie und Memoiren schreibe.“

Mit den „Memoiren“ war die Geschichte des Ersten Schlesischen Krieges gemeint. Nur das Vorwort und einige Bruchstücke dieser ersten Niederschrift sind uns überliefert. Ihr folgte sofort nach dem Dresdener Friedensschluß die Geschichte des Zweiten Schlesischen Krieges. Zugleich arbeitete er die des Ersten Krieges um und schickte sie jener voraus (1746).

Diese beiden Darstellungen bezeichnete er als zweiten und dritten Teil der „Brandenburgischen Geschichte“.1 Der erste Teil waren die „Denkwürdigkeiten zur Ge-“


1 Zum Unterschied von der noch im folgenden zu erwähnenden Neubearbeitung von 1775 werden sie allgemein als erste Redaktion der „Geschichte meiner Zeit“ bezeichnet.