<111> Trümmer bildeten eine Art von Bresche. Dabei wurde die Kälte so heftig, daß der Kommandant besorgte, die Preußen möchten trotz aller Vorsichtsmaßregeln einen Sturm über die zugefrorenen Gräben wagen. Er fürchtete dem Angriff zu erliegen und wußte außerdem, daß die Kaiserlichen nach Böhmen zurückgetrieben waren und daß er von ihnen keinen Entsatz zu erwarten hatte. Aus allen diesen Gründen zog er die Kapitulation vor und ergab sich mit der ganzen Besatzung1. Dabei stellte sich heraus, daß 14 000 Mann 17 000 belagert hatten. Allerdings bestand ein Teil der Garnison aus Flüchtlingen von Leuthen, und ganz allgemein gesprochen: weder die Befestigungswerke noch die Zahl der Soldaten verteidigen eine Stadt, sondern es hängt alles von der größeren oder geringeren Festigkeit und dem entschlossenen Mut des Kommandanten ab.

Wir haben die Ereignisse des schlesischen Feldzuges ohne Unterbrechung berichtet. Vielleicht würde man nun nicht ungern die Verluste der beiden kriegführenden Parteien erfahren. Die Preußen verloren in der Schlacht bei Leuthen an Toten und Verwundeten nur 2 660 Mann, weil sie mit Ausnahme des ersten Angriffs ein günstiges Terrain hatten. Die Österreicher dagegen verloren 307 Offiziere und 21 000 Mann, 131 Kanonen und 51 Fahnen. Außerdem machten Zieten und Fouqué bei der Verfolgung noch 2 500 Gefangene. Ferner kostete die Kapitulation Breslaus dem Feind 13 Generale, 685 Offiziere und 17 635 Mann, im ganzen also 41 442 Mann, um die die kaiserliche Armee schwächer nach Böhmen zurückkehrte.

Obgleich der Feldzug lang, schwer und mühselig gewesen war und über alles Erwarten glücklich auslief, blieb doch noch eine Unternehmung übrig: so groß war der Umschwung aller Dinge in Schlesien gewesen. Es galt Liegnitz zurückzuerobern, das die Kaiserlichen befestigt und ringsum unter Wasser gesetzt hatten. Schon am 16. Dezember hatte Driesen die Stadt mit Kavallerie eingeschlossen. Am 25. stieß Prinz Moritz mit Infanterie dazu, um eine regelrechte Belagerung zu eröffnen. Alle Vorkehrungen wurden getroffen, auch das Geschütz kam an. Feldmarschall Daun hatte Bülow2 als Kommandanten in Liegnitz zurückgelassen. Der zog die Rettung der Besatzung einer Verteidigung vor, die er auf die Dauer doch nicht hätte aushalten können. Er kapitulierte also unter der Bedingung, daß ihm freier Abzug gewährt wurde3. Das wurde gern bewilligt, da die Truppen völlig erschöpft waren und bei dem starken Froste Schaufel und Hacke versagten. Die Festungswerke und Schleusen der Stadt wurden zerstört, damit der Feind sie im Fall einer nochmaligen Eroberung nicht so rasch in verteidigungsfähigen Zustand setzen und Liegnitz nicht wieder als festen Platz benutzen konnte. Darauf wurde die gesamte Kavallerie zur Blockade von Schweidnitz verwandt. Doch verschob man die regelrechte Belagerung auf das nächste Frühjahr. Das Zietensche Korps bildete eine Kette von Schmiedeberg über Landeshut, Friedland und Braunau bis Glatz. Am 6. Januar bezogen die Truppen


1 Am 20. Dezember 1757.

2 Oberst Ferdinand von Bülow.

3 Am 26. Dezember 1757.