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22. Plan einer Schlacht gegen die Österreicher1
(Juli 1758)

Da es den Österreichern gelungen ist, den von Troppau abgegangenen Wagenzug abzufangen2, der Munition zur Fortsetzung der Belagerung von Olmütz heranführen sollte, mußte die Belagerung aufgehoben werden. Seitdem und mehr noch, seit die russische Armee durch ihren Marsch auf Posen klar zu erkennen gibt, daß sie gegen die Kurmark vorgehen will, hat sich die Lage des Königs sehr verschlimmert. Er hat eine österreichische Armee in der Gegend von Königgrätz zu bekämpfen, ein Korps in Oberschlesien, die russische Armee bei Posen, die Schweden in Pommern und die Reichsarmee und Österreicher in Komotau. Der König kann nur drei Armeen aufstellen. Sein Vorteil und seine geringen Mittel zwingen ihn, seine Feinde einen nach dem andern zu bekämpfen und das Beispiel des Horatiers3 nachzuahmen, das dieser im kleinen allen gab, die sich in gleicher Lage befinden.

Die feindliche Avantgarde steht bei Chlum, die Armee selbst bei Libischan. De Ville ist mit ungefähr 7 000 Mann nach Oberschlesien in die Gegend von Troppau detachiert, 4 Kavallerieregimenter nach Trautenau, Laudon mit 5 000 Mann nach Reichenau, sodaß der Feind mit den Detachements auf der Höhe des Johannisberges seine Armee um etwa 18 000 Mann geschwächt hat, einschließlich der 4 000 Mann, die seine Bagage bei Pardubitz decken. Wir könnten ihn also unter vorteilhafteren Umständen als jetzt garnicht angreifen.

1. Er ist schwächer als vorher.

2. Er ist auf keinen Angriff gefaßt.

3. Durch die Schlacht ersparen wir Schlesien einen feindlichen Einfall und die Verheerungen, die er nach sich ziehen würde.

4. Schlagen wir die Österreicher jetzt, so werden die Russen gewiß ihren Marsch verlangsamen, und wir finden sicher Zeit, ihnen mit stärkeren Kräften entgegenzutreten.


1 Die Denkschrift ist zwischen dem 21. und 23. Juli 1758 verfaßt. Wegen der starken Stellung Dauns verzichtete aber der König auf die in der Denkschrift geplante Schlacht und brach am 25. nach Schlesien auf, um sich gegen die Russen zu wenden. Vgl. S. 134 f.

2 Infolge des siegreichen Gefechts bei Domstadtl am 30. Juni 1758 (vgl. S. 132).

3 Der dritte Horatier besiegte die drei Kuriatier nacheinander.