<34> versicherte dem Gefangenen, er habe kein anderes Mittel zu einer ungestörten Besprechung gewußt, ohne bei dem österreichischen Gesandten, der alle seine Schritte überwachte, Verdacht zu erregen. Er fügte hinzu, der Ort sei für eine geheime Verhandlung sehr geeignet; er wünsche Edelsheim zu öfterer Unterredung dort zu behalten und verspreche, ihm die Mittel zur raschesten und sichersten Beförderung seiner Depeschen an den König von Preußen zu verschaffen. Dann erging er sich in Klagen über die Österreicher, die all seine Schritte beobachteten. „Denn Herr von Starhemberg“, fügte er hinzu, „ist über alle Personen unterrichtet, die der König von Preußen bei diesen Verhandlungen verwandt hat. Eben erst hat er einen Kurier aus Wien empfangen, von wo man ihn über alle Vorgänge unterrichtet.“ Der unwürdige Auftritt hatte nur den Zweck, sich der Edelsheimschen Briefschaften zu bemächtigen. Choiseul hoffte darunter Instruktionen des Königs zu finden und damit Klarheit über dessen Absichten zu gewinnen. Indes fand er nur ein Beglaubigungsschreiben, das der Unterhändler aus Mangel an Gelegenheit nicht benutzt hatte. Choiseul war beschämt über die magere Entdeckung und verlor die Lust an der Fortsetzung seiner schlimmen Praktiken. Er ließ Edelsheim am folgenden Tage in Freiheit setzen, mit dem Befehl, Frankreich auf dem Wege über Turin zu verlassen. Vielleicht scheint der ganze Vorfall hier zu weitläufig ausgeführt. Doch geschah das teils wegen seiner Sonderbarkeit, besonders aber zur Kennzeichnung der damaligen Denkweise am Versailler Hofe. Denn wenn man die Vorsicht bedenkt, die man dort anwandte, um beim Wiener Hofe keinen Verdacht zu erregen, so wird man sich leicht von der Unterwürfigkeit des französischen Ministeriums gegenüber den Österreichern überzeugen.

Auch die Schritte des Königs in Petersburg hatten keinen größern Erfolg. Dort wurde ein Holsteinscher Edelmann benutzt1, der aber nicht einmal Gelegenheit fand, seine Aufträge anzubringen. Immerhin schickten ihn die Russen wenigstens glimpflicher fort als die Franzosen den Freiherrn von Edelsheim. Die Kaiserin Elisabeth war nun einmal gegen den König von Preußen allzu voreingenommen und erbittert, als daß sie sich leicht eines Besseren hätte belehren lassen. Sie wurde von ihrem Günstling2 und dieser wieder vom Wiener Hofe regiert. Ihre ganze Umgebung war Frankreich und Österreich blind ergeben. Da sie außerdem die Provinz Preußen schon für einen Teil Rußlands ansah3, glaubte sie durch die geringste Unterhandlung mit dem König sich aller Vorteile zu begeben. So fand man denn alle Wege gesperrt, um ihr die geplanten Vorschläge zukommen zu lassen.

Während man so an alle Türen klopfte, sah man nur Dänemark ein wenig zur Unterstützung der Preußen geneigt. Der König von Dänemark fürchtete das Anwachsen der russischen Macht und noch mehr ihre Nachbarschaft. Er wußte, daß die Russen sich für dies Jahr zur Belagerung von Kolberg anschickten. Die Eroberung


1 Freiherr Pechlin von Löwenbach, früherer Offizier des Großfürsten Peter.

2 Graf Iwan Schuwalow, vgl. Bd. III, S. 118.

3 Vgl. Bd. III, S. 155.