<165> entdecken können, sowenig kann ein politisches System aufgestellt werden und sich behaupten, wenn es nicht aus einem einzigen Kopfe hervorgeht. Es muß aus dem Geiste des Herrschers entspringen wie die gewaffnete Minerva aus Jupiters Haupt: das heißt, der Fürst muß sein System entwerfen und es selbst zur Ausführung bringen. Denn da seine eigenen Gedanken ihm mehr am Herzen liegen als die der andern, so wird er seine Pläne mit dem Feuer betreiben, das zu ihrem Gelingen nötig ist, und so wird seine Eigenliebe, die ihn an sein Werk fesselt, auch dem Vaterlande zum Nutzen gereichen.

Alle Zweige der Staatsverwaltung stehen in innigem Zusammenhang. Finanzen, Politik und Heerwesen sind untrennbar. Es genügt nicht, daß eins dieser Glieder gut verwaltet werde; sie wollen es alle gleichermaßen sein. Sie müssen in gradgestreckter Flucht, Stirn an Stirn, gelenkt werden, wie das Viergespann im olympischen Wettkampf, das mit gleicher Wucht und gleicher Schnelle die vorgezeichnete Bahn zum Ziele durchmaß und seinem Lenker den Sieg gewann. Ein Fürst, der selbständig regiert, der sich sein politisches System gebildet hat, wird nicht in Verlegenheit geraten, wenn es einen schnellen Entschluß zu fassen gilt; denn er verknüpft alles mit dem gesteckten Endziel. Zumal in den Einzelheiten des Heerwesens muß er sich die denkbar größten Kenntnisse erworben haben. Vom grünen Tisch aus entwirft man schlechte Feldzugspläne, und wohin führen die schönsten Pläne, wenn sie durch die Unwissenheit des mit ihrer Ausführung Betrauten scheitern? Wer die Bedürfnisse einer Armee nicht kennt, wer sich um die zahllosen Einzelheiten ihrer Verpflegung nicht kümmert, wer nicht weiß, wie man ein Heer mobil macht, wer die Regeln der Kriegskunst nicht kennt, wer es nicht versteht, die Truppen in der Garnison zu schulen und im Felde zu führen, der wird, und wäre er sonst auch der geistvollste Mensch, der beste Volkswirt, der schlaueste Politiker, niemals Großes ausrichten, wenn er nicht selber Feldherr ist. Ich gedenke, im folgenden Abschnitt auf zahlreiche Einzelheiten der Kriegswissenschaft einzugehen. Hier will ich Euch nur überzeugen, daß der König von Preußen den Krieg unbedingt zu seinem Hauptsiudium machen und den Eifer derer anfeuern muß, die den edlen und gefährlichen Waffenberuf ergriffen haben.

Preußen ist von mächtigen Nachbarn umgeben .... Ihr müßt daher auf häufige Kriege gefaßt sein. Es folgt daraus auch, daß das Militär in Preußen die erste Stelle einnehmen muß, genau wie bei den welterobernden Römern in der Periode ihres Aufstiegs, genau wie in Schweden, als Gustav Adolf, Karl X. und Karl XII. die Welt mit ihrem Ruhm erfüllten und der Ruf des schwedischen Namens bis in die fernsten Lande drang. Ämter, Ehren, Belohnungen, die man abwechselnd verleiht, spornen und feuern die Talente an. Lob, das dem Verdienst gezollt wird, erweckt in den Herzen des Adels edlen Wetteifer, treibt ihn dazu an, den Waffenberuf zu ergreifen und sich Kenntnisse zu erwerben, verschafft ihm Auszeichnungen und Vermögen. Die Offiziere verachten und von ihnen fordern, daß sie mit Ehren dienen, ist ein Widerspruch. Einen Beruf ermutigen, der die Macht des Königreichs bildet, die Säulen des