<164> Regierung, schlechte Verwaltung der Finanzen, schwankende Politik, Lockerung der Mannszucht und Verfall der Ordnung im Heere, die die Truppen bisher unbesieg-lich gemacht hat. Was in dieser Zeit der Schwäche vor allem zu befürchten stände, das wäre ein Krieg. Das Haus Österreich würde sich beeilen, daraus Vorteil zu ziehen, und wenn sich je die Gelegenheit böte, wäre das der Augenblick, um die heranwachsende Macht unseres Staates niederzuwerfen.

Es liegt indessen in der Natur der Dinge, daß der Fall im Laufe der Zeit einmal eintritt. Da ich die künftige Generation nicht kenne, so vermag ich keine Ratschläge zu geben, wie man sich in solch traurigen Zeitläuften verhalten soll. Ich glaube jedoch, es wäre für den Staat vorteilhafter, den nächsten männlichen Anverwandten des jungen Königs zum Vormund zu wählen und ein so schwieriges Amt niemals einer Frau anzuvertrauen. Meine Gründe sind folgende: In der Regel läßt sich ein Mann bei seinen Handlungen mehr von der Überlegung leiten als eine Frau. Er ist mehr zur Arbeit geschaffen und infolgedessen zur Aufrechterhaltung der bestehenden Ordnung in allen Zweigen der Regierung besser befähigt als eine Königin-Witwe. Ihr sind die Geschäfte neu, sie neigt dazu, sich von den Ministern beherrschen zu lassen, und ist unfähig, das Heerwesen gut zu verwalten. Ihr werdet mir vielleicht einwerfen, daß es für den jungen König sehr gefährlich wäre, in der Abhängigkeit eines ehrgeizigen Onkels oder Vetters zu stehen. Darauf erwidere ich: die Zeiten, da man mit Gift arbeitete, sind vorüber. Das Heer und das ganze Land haben dem jungen König den Treuschwur geleistet. Der Vormund muß sich innerhalb der ihm vorgeschriebenen Grenzen halten, und ebenso wie nur ein Einzelner einen Staat mit sicherer Hand zu leiten vermag, bedarf es auch eines unumschränkten Vormundes, damit ein für den Thron bestimmter Fürst eine gute Erziehung erhält. Der Vormund kann ihn wie seinen Sohn erziehen, die Schmeichler, die die Tugend der Fürsien verderben, von seiner Wiege fernhalten, seinen Hochmut unterdrücken und ihn zwingen, sich die Fähigkeiten anzueignen, die zur guten Regierung notwendig sind. Wie man einem geschickten General Vollmacht erteilt, die für das Staatswohl nützlichsten Operationen auszuführen, ebenso muß auch der Vormund während seiner Regentschaft eine unbeschränkte Herrschaft führen und nicht an die Zustimmung eines Ministerrates gebunden sein. Der würde ihm nur zu unrechter Zeit Hindernisse in den Weg legen oder Anlaß zur Bildung von Parteien geben.

Schlußbetrachtungen

Aus all diesen schon zu weitläufig behandelten Einzelheiten erseht Ihr jedenfalls, wie wichtig es ist, daß der König von Preußen selbständig regiert. Sowenig Newton in gemeinsamer Arbeit mit Leibniz und Descartes sein Gravitationsgesetz hätte