Was noch zu tun bleibt

Urbarmachung des Landes

Pommern ist als halb unbebautes Land zu betrachten. In Vor- und Hinterpommern bleibt noch eine große Zahl von Sümpfen auszutrocknen, wo man hunderttausend Seelen ansiedeln kann. Zunächst am Madü-See und an den Oderbrüchen. Im Besitz des Adels befinden sich noch so viele Morgen Brachland, daß sich hundert Dörfer anlegen ließen. Selbst im Umkreis der Städte könnte man noch viel mehr Menschen ansiedeln, als heute dort leben. Aufgabe des Herrschers ist es, Urbarmachungen auf den Krongütern zu veranlassen. Er kann die Edelleute zu solchen Unternehmungen anspornen, indem er Sachkundige zu ihnen schickt, die den Plan dazu entwerfen und ihnen den Vorteil vorrechnen. Die Städte haben mit diesen neuen Maßnahmen den Anfang gemacht, bedürfen aber auch fernerhin der Ermutigung, in ihrem Werke fortzufahren. Auf allen königlichen Pachtgütern müssen die Pächter sich bei Erneuerung des Kontraktes verpflichten, anstatt der Erhöhung des Pachtzinses eine bestimmte Zahl von Halbbauern, sogenannte Häusler, anzusetzen.

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In der Neumark eignen sich die Warthebrüche und ganz dicht bei Küstrin nach Sonnenberg zu ein prachtvolles Gebiet zum Urbarmachen, wo man über 1200 Familien ansiedeln kann. Das gleiche wie für die pommerschen Edelleute gilt für die Neumark. Sie kann noch viel stärker bevölkert werden.

Unter den genannten Provinzen kenne ich die Altmark am wenigsten, weiß aber, daß es in den großen Forsten bei Gardelegen noch Sümpfe zu entwässern gibt. In der Mittelmark wird man keine Dörfer anlegen können, ohne Vorwerke zu opfern und Bauern dafür hinzusetzen; es bringt zwar weniger ein, verdient aber bei alledem den Vorzug. Das Magdeburger und Halbersiädter Gebiet ist so stark bevölkert, daß meiner Ansicht nach auf dem platten Lande nicht mehr viel zu tun ist. Aber in Pommern, in der Neu- und der Altmark können die Schafherden noch bedeutend vermehrt werden, sowohl die des Adels wie die der Städte, besonders in der Gegend von Stolp, Körlin, Köslin und in der Neumark nach Landsberg und der polnischen Grenze zu. Was die Städte betrifft, so sollten alle Häuser massiv gebaut werden, sowohl der Holzersparnis wegen wie zur Verringerung der Feuersgefahr. Überdies ist ja auch nur der Stein dauerhaft.

Kanäle

Man hat mir vorgeschlagen, in Pommern die Rega, in Ostpreußen die Angerapp schiffbar zu machen und in Schlesien die Oder zwischen Breslau und Glogau einzudämmen und ihr einen geraden Lauf zu geben. Da ich aber keine Mittel hatte, war ich genötigt, diese Entwürfe liegen zu lassen. Vor ihrer Ausführung muß reiflich geprüft werden, ob die Sache möglich ist, ob das Land großen Vorteil davon hat und ob das Geld nicht mit Verlust angelegt wird.

Seidenbau

Der Seidenbau liegt noch in der Wiege. In sechs Jahren, wenn die Bäume kräftig genug sein werden, daß man ihre Blätter pflücken kann, muß eine hinreichende Masse von Eiern der Seidenraupe beschafft werden, um sie dem Publikum ausgiebig liefern zu können. Dann müssen auch Vorschriften, wie man die Seidenwürmer zieht und Seide, Organsin, Tramseide, Florettseide usw. herstellt, gedruckt und eine Art Lehranstalt muß eingerichtet werden, wo die Mägde und Landleute lernen können, wie und wann man die Würmer ausschlüpfen läßt, wie man sie ernährt und wie man die Kokons abhaspelt. Ein Prediger in Berlin137-1 hat eine Lehransialt gegründet, die sogenannte Realschule, wo er alle Lehrer in der Herstellung der Seide unterrichtet. Er braucht sie nur später als Küster auf die Dörfer zu schicken, und der Adel und die Amtleute der Umgegend werden von ihnen lernen, wie man diesen nützlichen Gewerbs<138>zweig fördert. In unserem kalten Klima besieht die große Kunst darin, daß man die Raupen weder zu früh noch alle auf einmal ausschlüpfen läßt und ihnen keine taufeuchten Blätter gibt, da sie davon sofort wassersüchtig werden.

Seidenmanufakturen

Zur Förderung der Seidenmanufalturen müssen nicht allein die im Lande Herzgestellten Stoffe freie Ausfuhr haben, sondern man muß auch (wie es in England geschieht) den Kaufleuten, die sie im Ausland absetzen, bestimmte Prämien bewilligen. Da wir bei weitem nicht so viel Webstühle besitzen, wie nötig sind, so wird der Herrscher die Seidenmanufaktur nur dann zur Blüte bringen, wenn er den Kaufleuten, die sich damit befassen, große Summen verabfolgt, sollte diese Ausgabe auch jährlich bis auf 100 000 Taler gehen. Ferner wird es nötig sein, die Zahl der auf Kosten des Herrschers unterhaltenen Lehrlinge einige Jahre lang auf 200 bis 300 zu erhöhen. Dann werden wir im ganzen 2 000 Webstühle aufstellen können. Ich habe ferner in Berlin ein großes Seidenmagazin errichtet, dessen Fonds ich bis auf 100 000 Taler zu vermehren hoffe, sodaß unsere Arbeiter, wenn die Seide teurer wird, zum selben Preise arbeiten, ja denen in Leipzig, Hamburg und sogar in Holland den Rang ablaufen können.

Wollmanufakturen

Ich glaube, an den Wollmanufakturen gibt es fast nichts mehr zu verbessern, und es handelt sich nur darum, sie auch fernerhin zu ermutigen und noch eine größere Anzahl in Ostpreußen einzurichten.

Spinner

Ich habe oben gesagt, daß unsere Manufakturen 60000 Spinner unterhalten können. Die müssen wir kommen lassen. Die Ansiedlung einer Familie kostet 60 Taler. Bei einer jährlichen Ausgabe von 60 000 Talern können 1 000 Familien angesiedelt werden. Also würde in zwölf Jahren nichts mehr an jener Zahl fehlen. Die Neu-, Mittel- und Altmark und Pommern haben unangebaute Stellen genug, um sie dort unterzubringen.

Fehlende Manufakturen

Dieser Artikel ist umfangreicher, als man denkt. Die Messer- und Scherenfabrik in Neustadt ist nicht so ausgedehnt, wie sie sein könnte, und verdient, um das Dreifache vergrößert zu werden. Wenigstens 200 Webstühle für Watte sind im Lande nötig. Wir haben keine Nähnadeln. Sie können bei uns ebensogut hergestellt werden wie in Aachen, und eine solche Manufaktur kann vielen Menschen Unterhalt verschaffen. Uns fehlt gutes Papier. Eine große Papiermühle kann in Pommern ein<139>gerichtet werden, bei einem kleinen Bach, der sich in Hinterpommern in die Oder ergießt und genug Gefälle besitzt, um die Räder zu treiben. Von den Friesen können Lumpen aller Art gekauft werden, die sie jetzt an die Holländer verkaufen und die sich über Stettin wohlfeil zur Papiermühle schassen ließen. Die Baumwollenmanufakturen können beträchtlich vermehrt werden, ebenso die Manufakturen für grobes Leinen auf dem platten Lande. Zahlreiche Manufakturen können eingerichtet werden für seidene Taschentücher, für Bänder, die in Mühlen hergestellt werden, für russisches Leder, für Leder aus England, aus dem man Schuhsohlen macht. Die Knopft- und Handschuhmacher können vermehrt werden, indem man ihnen durch die Frankfurter Messe den Absatz nach Polen verschafft, den gegenwärtig die Hamburger haben. Man kann die Druckereien fördern, was einen beträchtlichen Posten ausmacht, sowohl durch den Papieroerbrauch wie durch einen Gewerbszweig, an den der Norden noch nicht gedacht hat: ich meine den Nachdruck. Mit einem einzigen Exemplar, das der Buchhändler kauft und von neuem druckt, erspart er es den Mitbürgern, ihr Geld ins Ausland zu schicken; denn sie können das Buch im Lande bekommen. So werden alle guten Bücher, die irgendwo gedruckt werden, zu Manuskripten für unsere Buchhändler. Aber das alles erfordert Vorschüsse von seilen der Regierung, und das hat mich bisher verhindert, es so energisch zu betreiben, wie ich gewünscht hätte.


137-1 Hecker von der Dreifaltigkeitskirche.