<160>Ach, sieht das schlecht zum welken Angesicht!
Die Liebelei, die euch zu Häupten schwebt,
Die euch bei Ball, Souper und Fest belebt,
Uns Pfeile schickt aus schöner Augen Schimmer,
Sie flieht dieselben Augen einst für immer.
Anbetungswürdig scheint die Schönheit heute;
Das alte Weibsbild! spotten einst die Leute.

Die Trübsal eures Alters tut mir leid:
Zu Wohlgefallens fernerer Entfaltung
Bleibt euch ein einzig Mittel: Unterhaltung.
Doch wie es nützen, wenn ihr geistlos seid?
Als altgewordne Puppe, öde Base,
Die nichts als Muhmenklatsch erzählen kann,
Zieht man die Kunden nicht in Menge an.
Vom Vorsaal schon schleicht Pesihauch in die Nase
Des armen Buhlen. Da vergeht Ekstase;
Der Ekel treibt ihn aus der schlimmen Luft,
Dem gräßlich ewigen Gebrestenduft.

Gott weiß, wie die Chasots1 der spätern Zeit,
Die Ferdinands,2 die Knechte aller Schönen,
Geborne Spötter ohn' Empfindsamkeit,
Dann eure würd'gen Angesichter höhnen,
Wenn ihr, grell aufgeputzt die Schreckgestalt,
Zuletzt auf Liebenswürdigkeit verfallt.
Ja, die Galans, die euch die Tür einlaufen,
Sie werden sich dann nicht mehr darum raufen,
Euch bleibt ihr spöttisch Lachen nur und Scherzen.
Ich seh es, dann bereut ihr's wohl mit Schmerzen,
Daß ihr in launenhafter Sprödigkeit
So schnöde heut verschmäht die vielen Herzen,
Die euch der Buhlen Schar zum Opfer weiht.
Erst muß die tolle Hoffart Schiffbruch leiden,
Ich seh's voraus, dann mit der Reize Rest
Ermutigt ihr das Werben gar bescheiden,
Das heute noch euch Eitle fühllos läßt.


1 In einer hier nicht aufgenommenen Epistel an Franz Isaal von Chasot, der noch zum Rheinsberger Freundeskreise gehörte, wird der Mißbrauch der Liebe gegeißelt.

2 Prinz Ferdinand, der jüngste Bruder des Königs (vgl. S. 67).