<292> Nerine. Sie müssen Ihrem Vater in allem Respekt gestehen, daß Sie Mondor lieben und ihn zum Mann haben wollen.

Julie. Wenn Papa böse würde, ich wäre untröstlich.

Nerine. Ihr Vater hat Sie viel zu lieb, um böse zu werden. Und die Sache selbst ist zu vernünftig, Fräulein. — Doch da kommt ja der Mondor selber.

Zweite Szene

Julie. Nerine. Mondor

Mondor. O ihr Götter! Wäre es Wahrheit, gnädiges Fräulein? Ich höre, ich soll Sie auf ewig verlieren!

Julie. Herr Mondor, Nerine hat mir erzählt, daß mein Vater eine Unterredung mit Herrn Bardus hatte, und daß er mich dem Herrn Firlefanz zur Gattin bestimmt.

Mondor. Und Sie sind einverstanden, gnädiges Fräulein?

Julie. Mein Vater hat mit mir noch nicht darüber gesprochen. Aber Sie wissen, Herr Mondor, Mädchenpflicht kennt kein Verdienst als den Gehorsam.

Mondor. Wie? Sie wären also einverstanden mit meinem Unglück, Sie würden sich sogar zur Mitschuldigen machen? Sie wollen mich zugrunde richten, gnädiges Fräulein! Meine Vernunft, mein Glaube an das Gute, alles — alles wäre dagegen machtlos. Ihre Schönheit, die ich anbete, Ihre Tugenden, denen ich Tempel errichte, sind der Ursprung meiner Liebe. Ich weiß, ich bin nicht wert, Sie zu besitzen, und doch wagte ich, meine Wünsche zum höchsten Glück zu erheben. Ich hoffte. Ach! Wie leicht redet man sich doch ein, was man sich wünscht! Ich sah und fühlte, atmete, lebte nur noch durch Sie. In diesem furchtbaren Augenblick verliere ich meine Herrin und den Frieden meiner Seele zugleich. Denn alle Achtung, die ich Ihnen, mein Fräulein, schulde, kann mich nicht hindern, Rache zu nehmen an dem beglückten Sterblichen, der mich verdrängt. Was habe ich zu verlieren, wenn ich Sie verlor? Das Leben kann mir nur noch eine Last sein, mein einziges Glück der Tod. (Er versinkt in tiefe Traurigkeit.)

Julie. Mondor, hinge es von mir ab, so würden unsere Geschicke auf ewig vereinigt. Ihr Geist, Ihre Tugenden und Talente gleichen aus, was das ungerechte Schicksal Ihnen versagte. Mich verlangt nicht nach äußeren Gütern. All meine Wünsche wären erfüllt, wenn ich Ihnen angehören dürfte. Ja, ich wiederhole es Ihnen: hat mein Herz sich eine Schwachheit vorzuwerfen, so ist es einzig die, daß ich Sie liebte. Alle Welt spendet dem Geliebten Beifall; man fühlt eine Neigung, die von der Vernunft bestärkt wird, fühlt sich unwiderstehlich hingezogen: so ist es mir ergangen. Aber verargen Sie es mir nicht, wenn ich Ihnen zugleich mit diesem Ge-