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Zweiter Akt

Erste Szene

Julie. Nerine

Julie. New, ich sehe keinen Ausweg. Ich will ihm alles opfern, meine Liebe, mein Leben.

Nerine. Aber, Fräulein, Sie sind zu rasch. Sie kennen doch Ihren Vater. Er ist mild und gut, er wird Sie gewiß nicht zwingen. Wenn er Ihnen von Firlefanz spricht, brauchen Sie ihm nur zu sagen, daß er Ihnen nicht gefällt und Ihr Herz sich für Mondor entschieden hat.

Julie. Wenn mein Herz sich schwach zeigt, muß meine Vernunft dagegen ankämpfen. Ein Vater, der so gut und ehrwürdig ist wie meiner, hat das Recht, von seinen Kindern alles zu fordern. Wenn ich seinem Willen folge, bin ich sicher, niemals fehlzugehen. Was er anordnet, werde ich immer blindlings tun.

Nerine. Was für schöne Gefühle, Fräuleinchen! Die berühmtesten Heldinnen könnten's nicht schöner. Aber lassen wir lieber den Heldenstil, ich bitte Sie, sprechen wir gutbürgerlich von der Heirat. Sie soll doch über Ihr Leben entscheiden! Ich bin gamicht dafür, daß Sie Frau Student werden. Ein Ehemann, der erst noch aufReisen gehen will und wer weiß wie lang auf sich warten läßt, verdient, daß man ihn stehen läßt. Außerdem scheint mir der Mondor hundertmal besser zu Ihnen zu passen. Da haben Sie doch eine reife Frucht. Der andere ist ja noch grün!

Julie. An seiner Reise würde es nicht liegen, wenn ich mich entschlösse, nein zu sagen. Aber ich würde meinen Vater sehr kränken.

Nerine. Ach! Der arme Mondor! Er überlebt es nicht! Sie wollen ihm den Dolch ins Herz stoßen. Mein liebes, gutes, gnädiges Fräulein, könnten Sie wirklich den liebenswürdigsten Kavalier von Berlin zur Verzweiflung treiben?

Julie. Was soll ich tun? Was rätst du mir?