<310> Argan (den Brief öffnend). Sie werden meine Gründe bald verstehen. (El liest:)

„Ihr Verdienst, Herr Mondor, ist bis zum Hofe gedrungen. Der Fürst kennt Ihr Talent und Ihre Armut. Er bietet Ihnen eine Stellung an seinem Hofe, die alles wieder gutmachen soll, was das Geschick Ihnen bis Hieher zuleide tat. Beeilen Sie sich, ihm zu danken und zu beweisen, daß Erkenntlichkeit nicht die

geringste Ihrer Tugenden ist.

Hermotime.“

Argan (ihm den Brief wiedergebend). Verzeihen Sie meinen Argwohn; er galt nicht Ihnen. Um so mehr freue ich mich, daß ich Ihnen diese gute Botschaft bekannt geben durfte. In wahrer Freundschaft nehme ich Anteil an Ihrem Glück.

Bardus (für sich). Charakterloser Speichellecker! (Zu Argan:) Sie werfen sich ihm wohl gleich zu Füßen, weil er zu Hofe gehen soll. Ich für mein Teil verachte ihn jetzt erst recht.

Iulie (zu Nenne). O Gott, könnte diese glückliche Wendung doch meine Mutter umstimmen!

Argan (zu Bardus). Die Komplimente, die ich ihm mache, sind ehrlich gemeint. Und Sie müssen selbst bezeugen, daß ich seinen Verdiensten zuvor schon gerecht ward. Wenn ich den Manneswert achte, dem hohe Gunst widerfährt, so ist das etwas an, deres, als wenn ich mich vor den letzten Domestiken der Großen erniedrigen würde. Mag er auch künftig bei Hofe sein, so ist er doch mein Freund, nach wie vor. Wiewohl ich nur aus dem guten Bürgerstand bin, fühle ich mich doch in meinem Herzen viel zu stolz, um vor Bedienten zu kriechen. Den Großen kann man keinen ärgeren Schimpf antun, als wenn man glaubt, durch Schmeichelei gegen ihre Umgebung mache man sich bei ihnen beliebt.

Mondor. Ich verdiene die Ehre nicht, die der Fürst mir erweist. Aber vielleicht finden Sie nun, daß ich in meiner neuen Lebenslage wagen dürfte —

Frau Argan. Er kommt also wirklich an den Hof?

Bardus. Der Hof hat den Verstand verloren! Auf das wahre Verdienst versieht er sich nicht. Meinen Sohn hätte ich auch bei Hofe unterbringen können, aber ich werde mich schön hüten.

Siebente Szene

Die Vorigen. Martin (ganz außer Atem ankommend)

Martin. Ach, gnädiger Herr! Ach, was für ein schweres Malheur! Alles ist aus, alles ist aus!

Bardus. Es kommt immer besser! Na — was hast du uns denn zu sagen? Mußt du so schreien?