<306>Angelegenheit an die Kaiserin. « Ohne die Schlacht vom 18. Juni (so heißt es in diesem Briefe), in der mir das Glück zuwider war, würde ich vielleicht Gelegenheit gehabt haben, Ihnen meine Aufwartung zu machen: vielleicht hätte, wider meine Natur, Ihre Schönheit und Ihr hoher Sinn den Sieger überwunden, vielleicht hätten wir ein Mittel gefunden, uns zu vergleichen. .... Sie hatten zwar einigen Vorteil in Schlesien; aber diese Ehre war nicht von langer Dauer, und die letzte Schlacht ist mir wegen des vielen Blutes, welches dabei vergossen ward, noch schrecklich. Ich habe mir meinen Vorteil zunutze gemacht, .... und ich werde imstande sein, wieder in Böhmen und Mähren einzurücken. Überlegen Sie dies, meine teure Cousine; lernen Sie einsehen, wem Sie sich vertrauen! Sie werden sehen, daß Sie Ihre Lande ins Verderben stürzen, da Sie an der Vergießung so vielen Blutes schuld sind, und daß Sie denjenigen nicht überwinden können, der, wenn Sie ihn hätten zum Freunde haben wollen, so wie er Ihr naher Verwandter ist, mit Ihnen die ganze Welt hätte können zittern machen. Ich schreibe dieses aus dem Innersten meines Herzens, und ich wünsche, daß es den Eindruck machen möge, den ich verlange. Wollen Sie aber die Sache auf das Äußerste treiben, so werde ich alles versuchen, was mir nur meine Kräfte verstatten. Indes versichere ich Ihnen, daß ich ungern in Ihnen eine Fürstin untergehen sehe, welche die Bewunderung der ganzen Welt verdient. Wenn Ihre Bundesgenossen Ihnen so beistehen, wie es ihre Schuldigkeit ist, sehe ich freilich voraus, daß es um mich getan sein wird. Doch werde ich keine Schande davon haben; vielmehr wird es mir in der Geschichte zum Ruhme gereichen, daß ich einen Mit-Kurfürsten (Hannover) von der Unterdrückung habe erretten wollen, daß ich zur Vergrößerung der Macht des Hauses Bourbon nichts beigetragen, und daß ich zweien Kaiserinnen und dreien Königen Widerstand zu leisten wußte. » — Überzeugender konnte man freilich nicht sprechen.

In Wien aber hatte man sorgfältige Vorkehrungen getroffen, daß Maria Theresia weder von dem Elend und Jammer des Krieges, noch von der Schmach, die der österreichischen Armee am 5. Dezember widerfahren war, genügende Kunde erhielt. Man ging so weit, daß man selbst alle Ereignisse des Tages von Leuthen ins Märchenhafte verkehrte, um nur die Niederlage gebührend entschuldigen zu können. Und als nun auch die französische Politik mit angelegentlicher Geschäftigkeit eintrat, um jeden Gedanken an einen friedlichen Vergleich zu hintertreiben, da loderte alsbald der ganze alte Haß und das alte Rachebegehren in Maria Theresia empor. Die Unterhandlung des Fürsten Lobkowitz wurde mit einem Stolze abgewiesen, daß man hätte glauben sollen, nicht die mächtige österreichische Armee, sondern der König von Preußen sei bei Leuthen geschlagen worden.