<320>Kampf, der in der europäischen Kriegsgeschichte fast unerhört ist. Denn ob auch die ersten Reihen der Russen niedergeschmettert waren, so standen die nachfolgenden doch unerschütterlich fest. Auch diese wurden geworfen, aber immer ballten sich neue Massen zusammen, mit ihren Leibern dem Gegnern einen Wall entgegensetzend, der nicht anders als durch gänzliche Niedermetzelung erstiegen werden konnte. Ob sie auch ihre Pulvervorräte verschossen hatten, doch wichen die Russen nicht eher, als bis sie von der Klinge des Gegners durchbohrt niedersanken. Stundenlang währte dies Morden. Einige Haufen der Russen gerieten über ihre Bagage, plünderten die Marketenderwagen und öffneten die Branntweinfässer, nach dem berauschenden Tranke lechzend. Die Offiziere schlugen die Fässer in Stücke; einige warfen sich auf den Boden, den Trank auch noch im Staube aufzulecken, andere kehrten ihre Waffen in wilder Wut gegen ihre Befehlshaber und mordeten die, welche ihnen den Trank verschüttet. Endlich, nachdem die Mittagsstunde bereits vorüber war, endete der Kampf auf dieser Seite. Was von den Russen nicht niedergemetzelt lag, war in die Sümpfe versprengt. Seydlitz aber zog seine tapfern Scharen vor dem feindlichen Kanonenfeuer zurück, das nunmehr von der andern Seite auf ihn gerichtet ward.

Die übrigen Teile beider Armeen waren bis jetzt noch nicht zum Kampfe gekommen. Friedrich hatte sich auf dem rechten Flügel seiner Truppen befunden. Nun ordnete er seine Armee zum Angriff und rückte vor. Vor dem rechten Flügel befand sich eine Batterie, die, da sie durch einen beträchtlichen Zwischenraum von der Truppenlinie getrennt war, durch ein besonderes Bataillon gedeckt wurde. Auf diese stürzte sich eine große Schar feindlicher Kavallerie und nahm schnell die Batterie und jenes Bataillon gefangen. Dann sprengte sie der Armee entgegen; hier ward sie aber durch lebhaftes Feuer zurückgeworfen. Jetzt brach sich auch jenes gefangene Bataillon wieder zu den Seinigen Bahn, mit dem lauten Rufe: Viktoria, es lebe der König! Friedrich aber ritt zu ihnen heran und sagte: « Kinder, ruft noch nicht Viktoria; ich werde es euch schon sagen, wenn es Zeit ist! » — In dem Augenblicke stürzten neue Scharen der russischen Reiterei auf den linken Flügel der preußischen Armee. Dieser war aus den Regimentern des Grafen Dohna gebildet; ein Teil von ihnen war es gewesen, der schon bei jenem ersten Angriff auf den rechten Flügel der Russen geflohen war. Jetzt ergriff sie insgesamt bei dem Anbrausen der feindlichen Haufen ein panischer Schrecken; in schmachvoller Flucht verließen sie aufs neue das Schlachtfeld. Und wieder war es dem Helden des Tages, Seydlitz, vorbehalten, die bedrohliche Gefahr abzuwenden. Aufs neue stürmte er mit seinen tapferen Scharen auf die Feinde ein, warf die russische Kavallerie in wilder Unordnung