<124>scheidender Wirkung gewesen, wenn Herr von Ségur so viel Geduld gehabt hätte, die Folgen dieser Unternehmung abzuwarten, und wenn Herr von Broglie an der Wottawa stark genug gewesen wäre, um meine Bemühungen zu unterstützen. Aber die Voreiligkeit des ersten, die geringe Truppenzahl des zweiten und der böse Wille der sächsischen Generale, endlich der Mangel an schwerem Geschütz zur Belagerung Brünns brachten diese Unternehmung zum Scheitern und zwangen mich, eine Provinz zu verlassen, die die Sachsen bekommen sollten, zu deren Eroberung sie aber keine Lust zeigten. Nach Böhmen zurückgekehrt, trat ich dem Prinzen von Lothringen entgegen und griff ihn an, um Prag zu retten, das er belagert hätte, wäre er nicht geschlagen worden; ich verfolgte ihn, soweit mein Proviantvorrat es erlaubte. Sobald ich erfuhr, daß der Prinz von Lothringen auf Tabor und Budweis rückte, benachrichtigte ich Herrn von Broglie davon und riet ihm, Herrn von Lobkowitz, den er eben bei Sahay geschlagen hatte, zu vernichten, bevor die Armee der Königin von Ungarn sich mit ihm vereinigen konnte. Herr von Broglie fand es nicht für gut, diesen Entschluß zu fassen. Statt nach Pisek zurückzukehren, wo das Gelände ihm günstig war, zersplitterte er seine Truppen. Die verhängnisvollen Folgen davon haben Sie erfahren. Jetzt ist Bayern von Böhmen abgeschnitten, und die Österreicher sind im Besitz von Pilsen und in der Lage, die Hilfstruppen, die Herr von Broglie aus Frankreich erwarten kann, aufzuheben. Ich erfahre, daß die Sachsen ihr dem Marschall Belle-Isle gegebenes Versprechen, sich mit den Franzosen zu vereinigen, nicht halten, sondern Böhmen verlassen und in ihr Kurfürstentum zurückkehren. In dieser Lage, wo das Verhalten der Sachsen mehr als verdächtig und von Herrn von Harcourt1 nichts zu hoffen ist, zeigt mir die Zukunft nichts als einen endlosen Krieg, dessen Hauptlast ich zu tragen hätte. Einerseits bringt das englische Geld ganz Ungarn in Waffen; andrerseits zaubert die Kaiserin-Königin stets neue Truppen in ihren Ländern hervor. Die Ungarn rüsten sich zum Einfall in Oberschlesien. Die Sachsen, deren üble Gesinnung mir wohlbekannt ist, sind imstande, zu den Österreichern überzugehen und in meine von jedem Schutz entblößten Erblande einzufallen. Ich sehe also sehr schwarz in die Zukunft. In dieser kritischen Lage bin ich, obwohl mit Kummer im Herzen, genötigt, mich aus dem allgemeinen Schiffbruch in einen sicheren Hafen zu retten. Haben mich aber widrige Umstände auch gezwungen, einen Entschluß zu fassen, den die Notwendigkeit rechtfertigt, so werden Sie mich stets treu in Erfüllung meiner Verpflichtungen finden, wo es von mir allein abhängt. Nie werde ich den von mir unterschriebenen Verzicht auf die Herzogtümer Jülich und Berg2 widerrufen. Weder mittelbar noch unmittelbar werde ich die festgesetzte Ordnung dieser Erb-


1 Der französische Generalleutnant Herzog Franz Harcourt befehligte das zum Schutz von Bayern bestimmte französische Hilfskorps.

2 Vgl. S. 79.