<IV>König Friedrich Wilhelm I. hat nur selten eigenhändig an seinen Sohn geschrieben; gewöhnlich gab er dem Cabinetsrathe, der den kronprinzlichen Brief vorzutragen hatte, den Bescheid in wenigen Worten, mündlich oder schriftlich, an, wie zu einem Cabinetsbefehle.

Unser Augenmerk bei der Sammlung von Friedrichs Briefen an seinen Vater geht auf das kindliche und rein menschliche Verhältniss; die militärischen, die ökonomischen und die anderen herkömmlichen pflichtmässigen Meldungen lassen wir, so weit es geht, bei Seite. Aber die Briefe des Kronprinzen aus Cüstrin.a die über seine Vermählung, die über den neuen Pachtanschlag vom Amte Ruppin, die aus dem Feldzuge 1734b und der Brief über die cameralistisch-militärische Reise nach Preussen, 1735, sind von anderer Art, und dürften leicht das Bedeutendste in unserer Auswahl sein. Sonst haben auch manche Namen, als solche, in Friedrichs Briefen an seinen Vater biographischen Werth, da Lord Baltimorec (der mit Algarotti kam) und andere Feingebildete als Durchreisende nur dienstgemäss gemeldet werden; von der Freude aber, die sie brachten, durfte eben so wenig die Rede sein, als davon, dass die Brüder Freimaurer Baron von Oberg und Bielfeld, aus Hamburg,d durch den Grafen Truchsess persönlich waren eingeladen worden. Dass Einiges in Friedrichs Briefen, z. B. was Jagd und Wild angeht, ohne inneren Antheil, rein auf des Königs Wünsche und Neigungen berechnet war, kann dem Leser nicht entgehen, der jedoch, um den vollen psycho-


a Siehe Band XXVII. I, S. 3 und 4. Friedrich sagt in dem Briefe an Voltaire vom 25. April 1750, Band XXII., S. 279 :
     

C'est assez lorsqu'en sa jeunesse
On a tâté de la prison.

Auch nach der Capitulation des Generals von Finck bei Maxen gedachte der König seiner Leiden in Cüstrin, wie man das aus dem noch ungedruckten Journal seines Vorlesers de Catt ersieht, welcher in demselben, am 22. November 1759, Folgendes sagt : « Le soir je fus (auprès du Roi) depuis trois et demi jusqu'à neuf. Il était bien afflige, revenait à la meme idee : J'aurai donc apporté mon malheur en Saxe. Je tâchais de le distraire, mais cette image revenait toujours. Voyez comme j'ai été malheureux, traité durement par un père, enfermé trois mois seul dans une chambre. A midi on m'apportait à manger par une petite fenêtre. On me donnait en même temps une chemise. Je n'avais que Bossuet sur les Variations, et Basnage. Le malheur m'a toujours poursuivi; je n'ai été heureux qu'à Rheinsberg. Ah! si cette paix vient, pourra-t-on me blâmer de vivre un peu pour moi-même, de me retirer et vivre tranquille? » Die Handschrift, aus welcher diese Stelle entnommen ist und welche aus de Catts Nachlasse stammt, gehört dem Herrn Geheimen Rath Klaatsch.

b Siehe Band I., S. 191 und 192; Band VIII., S. 6 und 7; Band XI., S. 77 und 98.

c Siehe unten, S. 135.

d A. a. O., S. 136.