<205>„Du Wicht, mit elenden Fälscherlisten
„An meiner Stelle dich einzunisten!“
Calvin und Luther baten warm
Für Preußen. Genoveva und den Schwarm
Der französischen Heiligen
Sah man sich flehend beteiligen.
Doch sieh, welch holdseliges Frauenbild
Vorm Thron der Allmacht jetzt erscheint,
Welch Augenaufschlag, demutmild!
Kein Mägdlein lebt in den seligen Scharen,
Das so mit rührendem Gebaren
Sieghafte Schönheit vereint:
Die heilige Hedwig ist's, es bricht
Der Glaubensinbrunst reinstes Licht
Aus ihren Wunderaugen beiden,
Da sie vor Gott tritt holdbescheiden.
Wer sieht's dem süßen Munde an,
Daß er im Kampf, der das Böhmerland
Verheert mit wildem Schreckensbrand,
Das Wort des Schicksals sprechen kann?
O einzig Bild, wie ihr Knie sich biegt,
Zu Gottes Füßen sie sich schmiegt,
Die eine Hand seine Knie umfängt,
Liebkosend empor sich die andre drängt.
„O Herr, all meine Hoffnung sieht bei dir,“
Sprach sie. „In der Jugend schon gabst du die Stärke mir,
„Die von der Erdenschwachheit mich befreite
„Und mich zur Heiligen machte an meines Gatten Seite.
„Nun sieh mir bei und laß die Meinen
„Von deiner Gnade Sonne bescheinen.
„Wenn sie auch nicht viel nach Heiligen ftagen,
„Von Liebe zu dir wissen alle zu sagen.
„Die Meinen, Herr, das sind die Preußen,
„Von meinem Blute echteste Sprossen,
„Sie sind es, die ihre Könige heißen:1
1 Vgl. S. 18 l, Anm. 1.