11934. RELATION.189-1

Den 14. Marth des Morgens erfuhr der Generallieutenant von Goltz ganz zuverlässig, dass sich der feindliche General Laudon mit seinen unterhabenden Corps zusammenziehe und die bisher jenseits der Oppa gestandene Infanterie und Kavallerie in der Enclavure bei Hotzenplotz und Johannesthal189-2 einrücken lassen wollte. Es wurde darauf sogleich beschlossen, den morgenden Tag, als den 15., mit sämmtlichen Corps aufzubrechen und sich gegen Neisse zu ziehen.

Sämmtliche Bataillons und Escadrons bis 70 Pferde fanden sich auf Execution zu Beitreibung der Contribution und Fouragelieferungen und auf drei bis vier Meilen weit abwesend. Die Executions wurden noch sämmtlich den 14. herangezogen, und den 15. brach das ganze Corps auf. Die erste Colonne marschirte aus Neustadt ab, wobei der Generallieutenant von Goltz selbsten zugegen war, und bestand aus dem Regiment von Manteuffel nebst 6 Canons und 1 Escadron von Baireuth vom Major Chambaud. Die zweite Colonne führte der Generalmajor Grant, und bestand aus 3 Escadrons von Werner, 2 Escadrons von Baireuth, dem ersten Bataillon von Mosel und dem Grenadierbataillon von Carlowitz. Diese Colonne hatte ihr Rendez-vous bei Oberglogau und sollte von dar über Zülz nach Steinau marschiren, allwo das ganze Corps sich versammeln sollte.

Die erste Colonne brach des Morgens um 6 Uhr aus Neustadt auf und hatte 150 Wagens bei sich, [wobei] verschiedene Wagens mit Mehl, Haber und Heu vom Rest des Neustädter Magazins waren. Der General Laudon war den 14. Nachmittags um 4 Uhr mit dem Regiment Kürassierer von Palffy, dem Regiment Dragoner von Löwenstein,<190> 500 Husaren von Nadasdy, 500 von Kalnoky, 2000 Kroaten und 14 Grenadiercompagnien aus deren Standquartieren jenseits der Oppa aufgebrochen und war die ganze Nacht hindurch marschiret, um uns in Neustadt den andern Morgen aufzuheben.

Sowie wir zum Thore ausrückten, so waren wir auch bereits von allen Seiten umzingelt. Vor uns bei Büchelsdorf, auf dem Wege nach Steinau, stand der feindliche General Jacquemin mit dem Regiment Dragoner von Löwenstein aufmarschiret, hinter uns folgte der General Laudon mit dem Regiment Kürassierer von Palffy und 2000 Kroaten; hinter denen folgten die 14 Grenadiercompagnien; seitwärts auf unserer rechten Flanque, gegen Zülz zu, hielten die 1000 Husaren aufmarschiret.

Der Capitän von Blumenthal machte mit 100 Mann die Avantgarde und der Capitän von Zitzewitz mit 100 Mann die Arrièregarde; seitwärts der Wagens marschirte der Rest vom Regiment nebst der Escadron vom Major von Chambaud.

Der General Laudon schickte zweimal einen Trompeter und liess uns auffordern; wie er aber beidemal abschlägige und kurze Antwort bekam, so erhielte die sämmtliche feindliche Kavallerie Ordre, in uns zu gleicher Zeit einzuhauen. Der General Jacquemin attaquirte mit dem Regiment von Löwenstein auf die Avantgarde, Laudon Selbsten mit dem Regiment von Palffy auf der Arrièregarde und die 1000 Husaren auf einige Pelotons, so die Wagens cotoyirten. Der Capitän von Blumenthal formirte mit der Avantgarde und der Capitän von Zitzewitz mit der Arrièregarde eine Art von Carré und machten ein beständig Pelotonfeuer. Bis auf 10 Schritte kamen sie zum Theil heran, wie aber viele und besonders verschiedene Officiers von ihnen blieben, so retirirten sie sich sämmtlich in grosser Unordnung. Sechsmal haben sie angesetzt einzuhauen, aber kein einziges Mal ist es ihnen gelungen.

Zwischen Siebenhufen und Steinau ging der Weg durch einen büchenen Busch, so eine halbe Meile lang ist und allwo wegen des schlimmen Weges, da es seit zwei Tagen beständig geregnet hatte, mit denen Wagens ungemein schlimm fortzukommen war. Die Kroaten attaquirten diesen Busch und attaquirten uns jetzt von allen Seiten. In dem Défilé brach zum Unglück ein Wagen; keine Raison war, sich lange aufzuhalten; man musste also den Ueberrest der Wagens im Stiche lassen, wodurch dann also 5 Bagagewagens vom Manteuffelschen Regiment und 18 Bauerwagens mit Mehl und Haber verloren gingen. Bis Steinau haben sie uns verfolget, und die Arrièregarde hat ohnaufhörlich mit dem Feinde zu thun gehabt. Selbige hat an 120 Patronen verschossen, das Regiment hat sich ungemein brav gehalten, und die Officiers haben sich vorzüglich hervorgethan.

Unser Verlust ist sehr geringe gegen den feindlichen. Von uns seind 34 Mann von Manteuffel und 1 Dragoner todtgeschossen.

Blessirt seind Capitän von Zitzewitz, Capitän von Kittlitz, Lieute<191>nant von Kleist, Lieutenant von Stojenthin: von Manteuffel ; Lieutenant von Sackow: von Baireuth, 69 Gemeine von Manteuffel und 3 Dragoner.

Gefangen oder vermisst sind 3 Unterofficiers, 2 Tambours und 24 Gemeine von Manteuffel und 14 Dragoner, so dass der ganze Verlust unserer Seite in 100 und etliche 70 Mann bestehet.

Die östreichsche Kavallerie, besonders das Löwensteinsche Regiment, hat ungemein furieux attaquiret. Die Gefangenen können die Bravoure unserer Leute nicht genungsam rühmen. Den Capitän von Weiss von Löwenstein, den Lieutenant von Gera von Palffy und 25 Mann haben wir zu Kriegesgefangenen gemacht. Wenigstens sind feindlicher Seite 150 Todte auf dem Platz geblieben und haben 300 Blessirte, so dass ihr Verlust vollkommen 500 Mann sein muss.

Neuere Briefe vom 18. dieses melden, wie sowohl die feindliche Kavallerie als auch die 14 Grenadiercompagnien, so den 15. dieses bei Neustadt gewesen, den 17. dieses mit Anbruch des Tages aus ihren Quartieren aufgebrochen und wieder zurück, und zwar der General Laudon mit denen Grenadiercompagnien nach Jägerndorf und der General Jacquemin mit der Kavallerie nach Freiwalde marschiret seind. Die Generale von Draskowich und von Losy seind mit denen 2000 Kroaten und sämmtlichen Husaren in und bei Neustadt stehen geblieben. Ihr Lazareth haben sie zu Maidelberg angelegt, allwo gestern in der Mittagszeit schon über 300 Blessirte eingebracht gewesen und noch beständig mehrere nachgebracht werden. Der General von Draskowich hat sich verlauten lassen, dass diese Affaire ihnen 28 wackere Officiers und überhaupt 1000 Gemeine an Todten und Blessirten koste, auch das Regiment von Löwenstein in dieser Campagne nicht viel Dienste thun dörfte. Der Generalmajor Grant ist heute mit denen Bataillons von Carlowitz und Mosel nebst denen 2 Escadrons Dragonern und 2 Escadrons Husaren in Grottkau eingerückt.

Nach der Ausfertigung.



189-1 Die Relation ist mit geringen Aenderungen auf Grund des Berichts von Goltz, d. d. Gross-Neundorf bei Neisse 16. März, angefertigt; der Schluss nach dem Bericht von Goltz, d. d. Gross-Neundorf bei Neisse 18. März. Sie wurde am 22. März von Eichel an den Minister Finckenstein gesandt. Vergl. Nr. 11935.

189-2 Westl. von Hotzenplotz.