<65> Wir wissen noch nicht, wo sich der Feldmarschall Daun wegen seiner Blessur hinbringen lassen; alle mit ihm jenseits der Elbe sich retirirte Trappen setzen aber ihren Marsch gegen Dresden hin mit solcher Eilfertigkeit fort, als ob der König, wie sie es auch glauben, mit der ganzen Armee hinter ihnen wäre. Lacy, der mit einem Theil der Truppen sich diesseits der Elbe retiriret, ward gestern ohnendlich surpreniret, als er die Tête von des Königs Corps bei einem Dorfe, Ober-Muschwitz1 genannt, ankommen sähe, welcher Orten er mit seinem Corps, obschon hinter einem starken Défilé, campirete. Er war darüber so embarrassiret, dass er sein Corps auf denen der Orten befindlichen Bergen in zwei Treffen formirete und von einer vorgelegenen Höhe, wenn ich es sagen darf, mehr auf mich als auf die Truppen canonirte; sobald aber ihm durch einige Canons von uns darauf geantwortet ward, zog er sich ganz eilfertig zurück und weiter, wie es schiene, den Weg gegen Nossen nehmend. Indess weder das Défilé, noch sein eilfertiger Marsch gehindert hat, dass nicht der General Zieten dem Lacy in die Arrièregarde gefallen und noch an 200 nebst verschiedene Officiers Gefangene gemachet hätte. Die Anzahl der letzteren grossiret sich fast stündlich, und die Anzahl der feindlichen Deserteurs ist excessiv und überschwemmet fast das Land. Ich wünschete, dass man zu Wittenberg und der Orten Berlin auf solche mehr Acht hätte und sie anhielte; sie haben sich hieherum wie verscheucherte Gänse zusammentreiben lassen, ausserdem aber Excesse gemacht und eine fahrende Post in Sachsen geplündert. Ihre Gewehre haben sie mehrentheils, um leichter zu sein, weggeworfen. Enfin, es ist Gott gewesen, der uns eine augenscheinliche Marque seiner Vorsicht und Protection gegeben und der dem Feinde einen terreur panique inspiriret hat, dass einige Gefangene und Deserteurs gesaget, sie hätten geglaubet, die Bataille gewonnen zu haben, als ihnen ein solcher Schrecken angekommen, dass sie geglaubet hätten, sich nicht anders als mit einer schleunigen Flucht, so gut sie gekonnt, retten zu können. Selbst ein gewisser Sächsischer von Adel, bei welchem Daun die Nacht vor der Bataille sein Quartier gehabt, hat gesaget, dass Daun, da er die erste Nachricht vom Anmarsch des Königs erhalten, an Händen und ganzem Leibe sehr heftig gezittert habe.

Denen Nachrichten aus Schlesien nach hat Laudon seine intendirte Belagerung von Cosel aufgehoben und das Belagerungsgeschütz nach Jägerndorf zurückgeschicket,2 wohin und nach Troppau er mit seinem Corps marschiret ist. General Goltz hat über die kleinen österreichschen Corps in Schlesien verschiedene kleine Avantages gehabt und einige Avantposten aufgehoben. Gott wolle mit seinem Segen bis zu erhaltenem rühmlichen Frieden continuiren! Der Prinz Eugène von Württemberg ist den Tag nach der Bataille mit einem Corps gegen die Russen aufgebrochen. Von Dresden kann ich noch nichts melden. Meissen ist gleich bei Annäherung des General Zieten, der heute bei Wilsdruff stehet, vom Feinde verlassen worden. Hadik ist zu Lacy gestossen, die Reichsarmee gehet nach Franken.

Ich bitte sehr um Vergebung meiner confusen Gazette. Prinz Eugène hat auf seinem Marsch gegen Wittenberg ein ganzes feindliches Detachement von Husaren aufgehoben, so der Orten herumgeschwärmet, um Posten, Estafettes und Couriers zu enleviren. Ich wünsche, dass es nicht an dem sei, wie mir der heutige Jäger sagen wollen, dass diese Fatalité einen von Ew. Excellenz an mich geschickten Jäger bei Dessau betroffen habe.

Eichel.

P. S.

Sogleich habe die Ehre, auch Ew. Excellenz gnädiges vom 4. dieses zu erhalten.

Nach der Ausfertigung.



1 Vergl. S. 61.

2 Vergl. S. 49. Anm. 1.