12888. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN MAGDEBURG.

Hauptquartier Kunzendorf, 16. Mai 1761.

Des Königs Majestät haben aus Dero gestrigem Quartiere noch heute einen kleinen Marsch hieher gethan, und ist sonsten weiter nichts allhier vorgefallen, ausser dass der Major von Reitzenstein vom Finckensteinschen Dragonerregiment, welcher mit einigen Commandirten von der Kavallerie bei Landeshut gestanden, einen hinter der Stadt Liebau auf dem Galgenberg gestandenen an 300 Pferde stark seinden feindlichen Posten unter dem Major von Grafenstein von Nadasdy den 14. dieses angegriffen, übern Haufen geworfen und bis hinter Schatzlar verfolget, dabei ausser denen Getödteten und Blessireten 1 Unterofficier und 41 Mann nebst so viel Pferde gefangen gemachet, auch sich darauf wieder auf seinen Posten nach Landeshut zurückgezogen, dabei er nicht mehr als 1 Dragoner und 1 schwarzen Husaren, so gefangen worden, nebst 2 Pferden verloren.394-2 Von dem General Lacy hat man die Nachricht, dass er sich durch Böhmen gegen Trautenau und Braunau ziehet, vermuthlich dorten auf denen böhmischen Grenzen vorerst eine Chaîne zu formiren, sowie der Laudon seines Ortes solches auf der anderen Seite und gegen Glatz thut.

. . . Des Königs Majestät haben einige Verwunderung bezeiget, dass der Herr von Plotho noch gar nichts von seiner Nomination zum Congrès gemeldet hat. Was mir der Herr von Hellen wegen des clevischen Kriegesrath Rappard über eine étrange Prétention derer Franzosen an die clevischen Stände geschrieben, dass nämlich diese conveniren sollten, noch ein Jahr nach dem Frieden dieselbe Contribution wie jetzo zu bezahlen, lege zu Ew. Excellenz Einsicht hierbei. Ich hoffe nicht, dass dieses ganz extraordinäre Anmuthen das tout de bon derer Franzosen sein werde, um nicht zu ohnangenehmen Represaillen in Sachsen Gelegenheit zu geben. Mir fehlet es in jetzigen Umständen um so mehr an Gelegenheit, des Königs Majestät<395> etwas davon zu sagen, als es ohnedem von dem Herrn Rappard395-1 nicht wohl überleget ist, sich deshalb an den von Hellen,395-2 der mit dergleichen gar nicht meliret ist, zu adressiren, anstatt er vor sich immediate davon an des Königs Majestät es melden sollen. Diese Anforderung wird wohl allezeit sehr incongrue bleiben, als die clevischen Stände dergleichen einzugehen nicht autorisiret seind, der Friede aber alles Elendes vom Kriege ein Ende machet. Ich weiss nicht, ob ich reich unternehmen darf, Ew. Excellenz gehorsamst zu ersuchen, den Herrn von Hellen vor Sich darunter etwas zu rectificiren , . .

Eichel.

Auszug aus der Ausfertigung.



394-2 Auf dem Berichte Zietens, d. d. Hohenfriedberg 14. Mai, finden sich die Weisungen für die Antwort: „Reitzenstein noch morgen da stehen lassen, bis dass ihn kann ablösen und andern in seine Stelle schicken.“

395-1 Schreiben Rappards, d. d. Cleve 26. April.

395-2 Schreiben Hellens, d. d. Haag 30. April.