13129. AN DEN GENERALLIEUTENANT PRINZ FRIEDRICH EUGEN VON WÜRTTEMBERG.

Hauptquartier zu Strehlen, 7. August 1761.

Secret. Es stehet die russische Armee jetzo zusammen bei Hundsfeld, der Gegend Breslau. Ew. Liebden können gewiss versichert sein, dass solche dorten nichts ausrichten werde. Sobald als Ich merken werde, dass sie sich von da wegziehet, und wie ihr Project alsdann gewiss sein dürfte, nach der Neumark zu gehen, so werde Ich suchen, solches, so viel in Meinen Kräften stehet, zu verhindern, und deshalb ein gutes Detachement von ohngefähr 10 oder 12 Bataillons und 25 Escadrons zuerst auf Posen schicken, welches die russische Magazins allda ruiniren soll, bei welchen sie nur 4 Bataillons Russen zur Bedeckung stehen haben; desgleichen soll erwähntes Detachement sodann alle andern Magazins und Depots, so die Russen längs der Warthe haben können, detruiren. Gedachtes Mein Corps werde Ich von da nach Landsberg schicken. Sollten die Russen gegen Pommern marschiren wollen, so wird Mein Corps gerade nach Colberg gehen, damit dasselbe, und zwar mit Ew. Liebden Corps zugleich, den Rumänzow wegjagen könne, bevor die russische Armee in denen dortigen Gegenden ankommet, und hernach Miene machen, den Rumänzow, so weit es sein kann, gegen Preussen zu poussiren, zum Exempel dadurch, dass es das<589> Stolpsche Magazin der Russen wegnimmt und zugleich dorten überall aussprenget, als ob es gerade nach der Weichsel marschiren wolle. Hierdurch, denke Ich, werden sich die Russen auf der Defensive setzen, oder aber so viel ausgerichtet werden, dass die russische Armee weder auf die Neumark, noch nach der Seite von Berlin wird agiren können, aus Furcht, dass ihnen ein so starkes als Mein Detachement mit Ew. Liebden Corps combiniret die Lebensmittel nehmen und keine Convois zur russischen Armee durchlassen werde.

Dieses seind ohngefähr Meine generale Idées, nur ist von Ew. Liebden dabei wohl zu observiren, dass, wann ein dergleichen Corps von Mir dorten in Dero Nachbarschaft kommen wird, so zu schwach ist, allein daselbst die Russen zu attaquiren, und etwan der Rumänzow diesem Meinem Corps entgegengehen wollte, dass sodann Ew. Liebden letzterem sogleich auf dem Fuss folgen, damit der Feind dergestalt uns von hinten und von vorne habe. Es ist aber fast nicht zu glauben, dass auf Anmarsch eines solchen Corps von Mir der Rumänzow sich nicht gleich zurückziehen werde. Sollte es aber auch sein, dass der Rumänzow schon vorher Ew. Liebden Retranchement attaquiret und sich die Nase stumpf gelaufen habe, dabei er nothwendig einen grossen Verlust gehabt haben muss, mit[hin] dadurch gezwungen worden sei, sich wieder zurückzuziehen, so werden Ew. Liebden mit Dero Corps alsdann sogleich zu mehrgedachtem Meinem Detachement zu stossen haben und darauf mit demselben zugleich nach Situation der Umstände und Gelegenheit entweder gegen den Rumänzow oder, wann dieser schon weg wäre, gegen die grosse russische Armee zu agiren, wann Ew. Liebden auch weiter nichts tentirten, als dem Feind die Zufuhre und Convois nebst Lebensmittel zu benehmen. Dieses alles wird jedoch wohl nicht vor Ausgang des kommenden Monats Septembris oder vor Anfang Octobris vor sich gehen können. Weil Ich nicht wissen kann, ob Ich gegen solche Zeit einen Brief an Ew. Liebden werde mit Sicherheit durchschicken können, so habe Ich Deroselben dieses Mein Schreiben nur immer vorher expediren und zuschicken lassen, von dessen Einhalt Ew. Liebden bis zu seiner Zeit ein ohnverbrüchliches Secret Mir zu halten, inzwischen vor Sich auf alles wohl zu denken und die behörige Attention zu nehmen haben.589-1

Friderich.589-2

Nach der Ausfertigung im Königl. Haus- und Staatsarchiv zu Stuttgart.

<590>

589-1 Der Kriegsminister von Wedell in Berlin wird von dem Plane des Königs in einem, zum Theil wörtlich mit dem obigen übereinstimmenden Schreiben vom 7. August unter Auferlegung des „höchsten Secrets“ unterrichtet; das Schreiben war gleichzeitig für den Commandanten von Berlin, Hauptmann von Zegelin, bestimmt. „Ich schreibe Euch dieses nur zu Eurer Direction deshalb vorläufig, damit Ihr, wann es hiernächst geschehen sollte, einigermaassen wisset, wie der Zusammenhang davon sei, und erforderlichen Falls, so viel Euch wegen der Vivres daraus angehet und möglich sein dürfte, secondiren könnet,“ [Wedellsches Familienarchiv zu Ludwigsdorf i. Schl.]

589-2 In einem zweiten Schreiben vom 7. August bestätigt der König dem Prinzen von Württemberg den Empfang des Berichts vom 1. August und bezieht sich auf den obigen Erlass. „Mich däucht, dass, wenn der Obrist Belling sich hauptsächlich darauf attachiren wird, der schwedischen Armee hauptsächlich im Rücken zu sitzen und ihnen alle Convois und Zuführe von Lebensmitteln zu coupiren und zu benehmen, Ew. Liebden dieselbe bald und am gewissesten obligiren wird, aus Mangel wieder zurückzugehen; dann sie von vorne zu attaquiren und zu schlagen nicht angehet, weil er dazu zu schwach ist.“ [Stuttgart. Haus- und Staatsarchiv.]