<114>gegen. An dem Siege hatte Graf Finckenstein1 großen Anteil. Er war mit seinen Preußen der erste, der in die französische Verschanzung eindrang. Er formierte seine Truppen auf der Brustwehr und deckte von dort aus die kaiserliche Reiterei, die von den Franzosen zweimal zurückgeschlagen wurde, so lange, bis Truppen in größerer Anzahl zu den seinen stießen und den Sieg besiegelten.

In Pommern erweckten die Schweden durch ihre Demonstrationen die Besorgnis, sie möchten in Sachsen eindringen (1710). Da der König von Preußen befürchtete, der Krieg könne schließlich in seine eignen Staaten hinüberschlagen, suchte er die Kriegswirren des Nordens zu beschwichtigen, traf aber lauter Maßnahmen, die sie leicht hätten vermehren können. Er regte die Aufstellung eines Neutralitätsheeres an, das aber niemals zusammengebracht wurde. Krassow war mit einem Waffenstillstand einverstanden. Als Karl XII. davon hörte, erhob er vom tiefsten Bessarabien her Einspruch gegen jede Neutralität. Der kaum entworfene Vertrag wurde gebrochen und teilte somit das Schicksal aller Staatshandlungen, die durch Not und Ohnmacht zu einer bestimmten Zeit zustande kommen, aber zu einer anderen Zeit durch die Macht der Umstände zunichte gemacht werden.

Was den Süden betrifft, so knüpfte Frankreich in Gertuydenberg die Friedensverhandlungen wieder an. Schon bei den ersten Besprechungen verpflichtete es sich, das Königtum Preußen und die Souveränität über Neuchâtel anzuerkennen. Das Friedenswerk kam indessen noch nicht zur Reife, und der Feldzug ging weiter. Die Preußen unter dem Fürsten von Anhalt belagerten Aixe und Douai und eroberten beide Plätze. Der König erklärte darauf, er werde die Stadt Geldern, in der er eine Besatzung hatte, nicht herausgeben, bevor die Spanier ihm nicht die Subsidien bezahlten, die sie ihm schuldeten. Beim Friedensschluß blieb er denn auch im Besitz Gelderns.

Damals starb der Herzog von Kurland, des Königs Neffe (1711). Die Moskowiter bemächtigten sich wiederum Kurlands. Sie wollten auch Elbing nehmen, da aber der König Rechte auf diese Stadt hatte2, wurde ein preußisches Bataillon als Besatzung dorthin gelegt.

Durchzug und Nachbarschaft so vieler Heere hatten die Pest nach Ostpreußen verschleppt. Nahrungsmangel begann sich lebhaft fühlbar zu machen und steigerte die Heftigkeit und das Gift der Seuche. Der König, dem die Not freilich nicht in ihrem ganzen Umfang offenbart wurde, ließ das Volk in seinem Unglück im Stich. Während seine Einkünfte und die Subsidien nicht einmal zur Bestreitung seiner Prachtliebe ausreichten, ließ er mehr als 200 000 Menschen elend zugrunde gehen, die er durch einige Freigebigkeit hätte retten können.

Den Kronprinzen empörte die Härte, die sein Vater gegen Ostpreußen zeigte. Er sagte den Grafen Wartenberg3 und Wittgenstein4 kräftige Worte, um dem


1 Generalleutnant Graf Albert Konrad Finck von Finckenstein.

2 Vgl. S. 102.

3 Vgl. S. 100.

4 Reichsgraf Augustus zu Sayn-Wittgenstein, Generaldomänendirektor.