<124> bombardieren und setzte ihr so heftig zu, daß sie nach wenigen Tagen vor der Kapitulation stand. Bassewitz, Wellingk und Meyerfeldt glaubten jetzt noch, Karl XII. einen guten Dienst zu leisten, wenn sie den Platz in die Hände des Königs von Preußen gaben. Es wurden 2 000 Preußen und ein Bataillon holsteinischer Truppen als Besatzung in die Stadt gelegt.

Die Verbündeten stimmten der Sequestrierung zu, unter der Bedingung, daß der König von Preußen die Schweden hindere, von Pommern aus in Polen einzufallen1. Die Republik Polen verpflichtete sich ebenso, die Neutralität einzuhalten. Zur Beseitigung aller Bedenken, die in der Angelegenheit bei den Verbündeten noch bestehen konnten, bezahlte ihnen der König 400 000 Taler. Menschikow, der seinen Herrn vielleicht verkauft haben würde, wenn der König ihn hätte kaufen wollen, erhielt von diesem eine Domäne und einen Ring von hohem Wert. Vom Pastetenbäcker war er zum Premierminister und Generalissimus des Zaren emporgestiegen. Er und sein ganzes Volk waren so barbarisch, daß in ihrer Sprache gar kein Ausdruck für Ehre und Treue zu finden war.

Karl XII., die Könige von Dänemark, von Polen und der Kaiser waren gleich unzufrieden mit der Beschlagnahme Pommerns. Der König von Schweden deshalb, weil er sehr wohl begriff, daß er Pommern verlor oder auch noch den König von Preußen unter seinen zahlreichen Feinden sehen müßte. Die Könige von Dänemark und Polen hatten sich freilich vorgenommen, Karl XII. seiner Provinzen zu berauben. Aber ganz erfüllt von diesem einzigen Ziel ihrer Rache, hatten sie die Teilung ihrer Eroberungen noch nicht geregelt. Voller Neid sahen sie nun, wie der König von Preußen durch die Sequestrierung in den Besitz Pommerns gelangte und so die ganzen Früchte des Krieges einheimste, ohne dessen Wechselfälle mit ihnen geteilt zu haben.

Der Kaiser, der aus Spanien vertrieben war und allein einen unglücklichen Krieg gegen Frankreich zu führen hatte, war durch seine Mißerfolge verbittert und bemerkte mit Kummer, daß Friedrich Wilhelm Erwerbungen machte, während er nichts als Verluste erlitt. Indessen, Stettin war ausgeliefert, das Geld bezahlt, Menschikow bestochen, und überdies hatte der König von Preußen die nötige Macht hinter sich. Diese Gründe zwangen seine Nachbarn, ihre Eifersucht zu unterdrücken und ihn weiter rücksichtsvoll zu behandeln.

Der König von Schweden schrieb aus dem tiefsten Bessarabien an den König von Preußen, er erhebe Einspruch gegen Wellingks Verhalten. Die 400 000 Taler, die seinen Feinden ausgezahlt seien, werde er niemals erstatten und zeitlebens die Sequestrierung nicht unterschreiben. So schroff das Vorgehen Karls XII. auch war, Friedrich Wilhelm ergriff doch, in Gemeinschaft mit dem Kaiser, die verständigsten Maßnahmen zur Wiederherstellung des Friedens. Beide Fürsten regten einen Kon-


1 Vertrag von Schwedt zwischen Preußen und Rußland, 6. Oktober 1713.