<141> ließ Jlgen1 nicht ab, ihm vorzustellen, er müsse seinen Vorteil wahrnehmen. Wenn er sich weiter darauf versteife, werde Schweden gezwungen sein, ihm die Insel Rügen und die Stadt Wolgast abzutreten. Ebenso könne er bei den Dänen die Befreiung vom Sundzoll durchsetzen. Die Antwort des Königs befindet sich in den Archiven. Mit eigener Hand schrieb er: „Ich bin zufrieden mit dem Schicksal, das ich dank der Gnade des Himmels genieße, und will mich niemals auf Kosten meiner Nachbarn vergrößern.“ Er bezahlte Schweden zwei Millionen für die Einverleibung Pommerns, sodaß diese Erwerbung eher einen Kauf als eine Eroberung bedeutete.

Der König von England, der durch seine Vermittlung den Stockholmer Frieden beschleunigt hatte, machte bald danach seinen Frieden mit Spanien. Philipp V. trat Gibraltar und Port Mahon an England ab2, unter der Bedingung, daß König Georg sich nicht mehr in die Angelegenheiten Italiens einmische.

In Wien blickte man verstimmt und mißgünstig auf die Erfolge des Königs von Preußen. Das Haus Österreich wünschte, daß die deutschen Fürsten, die es als seine Vasallen betrachtet, ihm gegen seine Feinde Dienste leisteten, nicht aber, daß sie ihre Stärke zur eignen Ausbreitung benutzten. Der Große Kurfürst hatte dem Kaiser zur Seite gestanden, weil ihre Interessen oft Hand in Hand gingen. König Friedrich I. hatte ihn unterstützt, weil es seinen Vorurteilen entsprach und weil er die Anerkennung als König von Preußen erreichen wollte. Da Friedrich Wilhelm bisher weder Vorurteile noch Interessen hatte, die ihn so eng an das Haus Österreich fesselten, stellte er ihm für die Kriege in Ungarn und Sizilien keine Hilfstruppen. Er war durch keinen Vertrag an den Kaiser gebunden. Überdies entschuldigte er sich mit dem Vorwand, er habe neue Unternehmungen von seiten der Schweden zu befürchten. Im Grunde war er nur zu weitblickend, um seine eignen Ketten zu schmieden, indem er am Wachstum des Hauses Österreich mitarbeitete, das auf die unumschränkte Herschaft über Deutschland ausging.

Friedrich Wilhelms weise und maßvolle Politik wandte sich gänzlich dem inneren Ausbau seiner Staaten zu. Er hatte sich eine anmutige Residenz in Potsdam geschaffen, das ursprünglich nur ein Fischerdörfchen war. Er machte daraus eine schöne, große Stadt. In ihr erblühten Künste jeder Art, von den alltäglichen bis zu denen, die dem raffinierten Luxus dienen. Leute aus Lüttich, die er durch seine Freigebigkeit angezogen hatte, errichteten dort eine Waffenfabrik, die nicht allein das preußische Heer, sondern auch die Truppen einiger nordischen Mächte versorgte. Bald wurden in Potsdam auch Sammete so schön wie in Genua hergestellt. Alle Ausländer, die ein Gewerbe verstanden, wurden in Potsdam aufgenommen, angesiedelt und belohnt. Der König errichtete in der Stadt, deren Gründer er war, ein großes Militärwaisen-


1 Vgl. S. 100.

2 Diese Abtretung erfolgte bereits im Frieden von Utrecht (1713).