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zur Linken hinfloß, decke zugleich diesen Flügel. Am 28. Juli in aller Frühe marschierten Karl Gustav und Friedrich Wilhelm gegen die Polen.

Der König, der die erste Kolonne führte, rückte durch ein kleines Gehölz1 und lehnte seinen rechten Flügel an die Weichsel. Aber das Gelände war zu schmal, sodaß er nur eine Front von 12 Schwadronen und 3 Bataillonen gegen den Feind entwickeln konnte. Das Lager der Polen war nach dieser Seite hin gut befestigt und schwierig anzugreifen. So war der König genötigt, in Kolonnen stehenzubleiben. Der Tag ging in Scharmützeln und Kanonaden hin. Der Kurfürst, der den linken Flügel kommandierte, ließ das Gehölz, durch das der König gekommen war, zur Rechten. Da die Nacht hereinbrach, blieb das Heer in dieser Stellung, ohne abzukochen und ohne die Waffen abzulegen, bis zum wiederkehrenden Morgenrot.

Am folgenden Tag, am 29., bemächtigte sich der Kurfürst eines Hügels2, der zu seiner Linken lag, und entdeckte von dort jenseits des Wäldchens eine Ebene, in der er seine Truppen ausbreiten konnte. Er ließ seine Kolonne links abmarschieren, entwickelte sie in der Ebene und sicherte seine Flanke durch 6 Schwadronen. Die Tartaren nahmen diese Bewegung wahr und griffen den Kurfürsten von allen Seiten an. Sie wurden aber zurückgeschlagen, und sein Flügel formierte sich ganz in der Ebene. Nun machten die Tartaren einen neuen Angriffsversuch, der ihnen aber ebenso mißlang wie der erste. Dann zogen sie sich in Verwirrung auf ihr Lager zurück.

Der König sah, daß es unmöglich war, die feindliche Verschanzung auf der Weichselseite anzugreifen, und beschloß daher, seine Aufstellung zu ändern. Die polnische Infanterie, die Miene machte, aus der Verschanzung hervorzubrechen, hielt ihn eine Zeitlang auf. Aber einige Kanonen, die er gegenüber den Öffnungen der Verschanzung auffahren ließ, hatten so starke Wirkung, daß die polnischen Truppen jedesmal, wenn sie herausdringen wollten, in Verwirrung gebracht und gezwungen wurden, den Versuch aufzugeben. Mittlerweile änderte Karl Gustav seine Schlachtordnung; er zog seine Truppen durch das Gehölz, das er tags zuvor durchschritten hatte, zurück und stellte sich in der Ebene auf, links neben den Truppen des Kurfürsten, die schon aufmarschiert waren3.

Nun verließ das polnische Heer die Verschanzung, marschierte rechts ab und formierte eine Front, die derjenigen der Verbündeten überlegen war. Auf ihrem rechten Flügel stand die gesamte Reiterei, gedeckt von einem Dorf, das mit Infanterie besetzt war und von einer Anhöhe aus durch eine Batterie flankiert und geschützt wurde. Der König von Schweden ging mit seiner Linken gegen ihre rechte Flanke vor. Sofort setzten die Polen das Dorf in Brand, räumen es und sammeln sich hinter einem weiter rückwärts liegenden Dorfe, das von einem Morast gedeckt wurde. Der König


1 Der Bialolenka-Wald.

2 In Berichten nur „die Colline“ genannt.

3 Karl Gustav marschierte mit dem rechten Flügel hinter dem linken Flügel, den der Große Kurfürst kommandierte, vorbei und neben diesem links auf, sodaß der bisherige linke nunmehr den rechten Flügel der Auf-
     stellung bildete.