<83> Der Rückzug der Schweden glich einer Auflösung. Von ihren 16 000 Mann kamen kaum 3 000 nach Livland zurück. Wie Römer waren sie in Preußen eingedrungen; wie Tartaren zogen sie ab.

So endete dieser einzigartige Feldzug, in dem das Genie des Kurfürsten seine ganze Größe entfaltete. Nicht die Strenge der Jahreszeit in dem rauhen Klima, nicht die Länge des Weges von der Oder bis zu den Grenzen Livlands, nicht Mühsale noch die Zahl der Feinde — nichts vermochte ihn aufzuhalten. Und der ganze Feldzug, der so trefflich geplant und ebenso trefflich durchgeführt wurde, brachte dem Kurfürsten weiter keinen Gewinn als den Ruhm. Das ist die Münze der Helden. Aber die Fürsten sind mit dieser Art Münze nicht immer zufrieden.

Friedrich Wilhelms Feinde hatten ihn aus dem Elsaß in die Mark genötigt, aus Pommern nach Preußen. Kaum hatte er dort die Schweden vertrieben, als neue Hilferufe seiner Untertanen ihm kundtaten, daß 30 000 Franzosen unter Calvo in das Herzogtum Kleve eingedrungen waren.

Ludwig XIV. bestand darauf, daß Schwedens Besitzstand vollkommen wiederhergestellt werde; nichts konnte ihn davon abbringen. Voller Hochmut verwarf Colbert alles, was des Kurfürsten Bevollmächtigter ihm vorschlug. Das Spiel war allzu ungleich. Der Kurfürst von Brandenburg und der König von Dänemark, die einzigen Streiter, die auf dem Kampfplatz übrig geblieben, konnten sich nicht gegen die vereinten Kräfte Karls XI. und Ludwigs XIV. behaupten. So tief es dem Kurfürsten widerstrebte, seine Eroberungen wieder abtreten zu sollen, er vereinbarte doch einen vierzehntägigen Waffenstillstand mit den Franzosen und lieferte ihnen die Städte Wesel und Lippstadt bis zum Abschluß eines endgültigen Friedens aus.

Da der Termin ablief, ohne daß eine Einigung erzielt werden konnte, drang Crequi mit 10 000 Mann in das Fürstentum Minden vor. Die Lüneburger vereinigten sich mit ihm. Gemeinsam mit ihnen schlossen die Franzosen zwischen sich und der Weser ein brandenburgisches Korps ein, das General Spaen1 befehligte. Es war dasselbe Dragonerregiment, das schon einmal im Elsaß gefangen worden war2; nun geriet es bei Minden zum zweitenmal in Gefangenschaft. Der Kurfürst ließ es gänzlich eingehen.

Friedrich Wilhelm sah sich vom Kaiser im Stich gelassen; von den Holländern, die garnicht daran dachten, ihre Bürgschaft zu erfüllen, erhielt er nur Absagen. So mußte er sich schließlich zum Nachgeben entschließen. Er sandte den Baron Meinders3 nach St. Germain en Laye, wo der französische Hof sich aufhielt. Dort einigte man sich nach vielen Schwierigkeiten auf folgende Bedingungen: der Westfälische Frieden sollte als Grundlage des Friedens dienen. Der Kurfürst sollte das Eigentumsrecht auf alle hinterpommerschen Seezölle nebst den Städten Kammin, Garz, Greifenhagen und Wildenbruch erhalten. Seinerseits sagte er den Schweden die Rückgabe


1 Generalleutnant Freiherr Alexander von Spaen.

2 Vgl. S.73.

3 Franz von Meinders.