<184>dem wolle sie, daß Herrn von Klinggräffen des weiteren folgende Antwort erteilt werde:

Die Seiner Majestät dem König von Preußen gegebenen Informationen über ein Angriffsbündnis gegen ihn zwischen Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin und Ihrer Majestät der Kaiserin von Rußland, sowie alle näheren Umstände und angeblichen Bedingungen der genannten Allianz seien völlig unwahr und erfunden. Ein solcher Vertrag gegen Seine Preußische Majestät existiere nicht und habe nie existiert1.

Diese Erklärung gestatte ganz Europa ein eignes Urteil über den Wert und die Bedeutung der in der Denkschrift des Herrn von Klinggräffen angeführten schlimmen Ereignisse. Man werde erkennen, daß sie niemals Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin zur Last gelegt werden dürfen.“

So lautete die zweite Antwort des Wiener Hofes. Eine kurze Rekapitulation wird genügen, um ihre Unzulänglichkeit und Haltlosigkeit darzutun.

Die Tatsachen, die der Wiener Hof als ganz Europa bekannt hinstellen möchte, stimmen so wenig zu seinen Behauptungen, daß man sich gezwungen sieht, diesen Gegenstand näher zu beleuchten. Auf die russischen Rüstungen hin ließ der König im Juni vier Regimenter aus der Kurmark nach Pommern marschieren2 und gab Befehl, die Festungen in Verteidigungszustand zu setzen. Das war es, was beim Wiener Hofe so großen Verdacht erregte, daß er in Böhmen und Mähren ein Heer von über 80 000 Mann zu versammeln befahl. Hätte die Kaiserin Truppen aus Böhmen nach Toskana marschieren lassen, würde da der König wohl Anlaß gehabt haben, um Schlesien besorgt zu sein und dort ein starkes Heer zusammenzuziehen? Man sieht also deutlich, daß der Abmarsch der vier Regimenter nach Pommern dem Wiener Hofe nur als Vorwand zur Bemäntelung seiner schlimmen Absichten gedient hat. Auf die Nachricht hin, daß das österreichische Heer in Böhmen zusammengezogen sei, ließ der König drei Infanterieregimenter, die in Westfalen im Quartier gelegen hatten, nach Halberstadt rücken. Um aber alles zu vermeiden, was beim Wiener Hof Verdacht erregen konnte, wurde nicht ein einziges Regiment nach Schlesien geschickt. Die Truppen blieben ruhig in ihren Garnisonen und hatten nicht einmal die Pferde und den andern Kriegsbedarf, den ein Heer für das Feldlager oder bei Offensivplänen braucht. Doch der Wiener Hof fuhr fort, eine friedliche Sprache zu führen und dabei die ernstlichsten Kriegsrüstungen zu treffen. Nicht zufrieden mit all diesen Demonstrationen, ließ er auch noch ein Lager bei der Stadt Hotzenplotz abstecken, die zwar österreichisch ist, aber dicht an der preußischen Grenze und direkt zwischen den Festungen Neiße und Kosel liegt. Außerdem schickt die öster-


1 Tatsächlich wurde das russisch-österreichische Offensivbündnis erst am 2. Februar 1757 unterzeichnet, doch war der gemeinsame Angriff auf Preußen für das nächste Jahr durch mündliche Übereinkunft bereits festgesetzt.

2 Vgl. S. 36 und 175.