<32> er solle uns bei dem Unternehmen gegen Hannover beistehen. Es gibt Beute zu machen. Der Schatz des Königs von England ist gut gefüllt. Der König braucht nur zuzugreifen. Das ist ein guter Fang.“ Der König ließ ihm antworten, über derartige Vorschläge verhandle man wohl besser mit einem Mandrin1. Er hoffe, Herr Rouillé werde künftig einen Unterschied zwischen den Personen machen, mit denen er zu tun hätte.

Gegen Ende des Jahres 1755 wurden die Verhandlungen lebhafter. König Georg erfuhr die Absichten der Franzosen und geriet in Angst angesichts des Gewitters, das sich über seinem Kurfürstentum Hannover zusammenzog. Als sicherstes Mittel zur Beschwörung der Gefahr erschien ihm der Abschluß eines Defensivbündnisses mit Preußen. Wußte er doch, daß das Bündnis zwischen Preußen und Frankreich in kurzer Frist ablief, da der Versailler Vertrag im März 17562 erlosch. So beauftragte er denn seinen Staatssekretär Lord Holderneß mit der Anknüpfung von Unterhandlungen in Berlin. Da Lord Holderneß nicht wußte, wie der König von Preußen über ein solches Bündnis denken würde, so ließ er die ersten Vorschläge durch den Herzog von Braunschweig3 machen, um seinem Gebieter eine glatte Ablehnung zu ersparen. Die Eröffnungen geschahen unter dem Vorwand, die Ruhe Deutschlands gegen die Gefahr eines nahen Krieges zu sichern. Der König wurde zur Teilnahme an Maßregeln zur Wahrung und Befestigung der öffentlichen Sicherheit aufgefordert. Der Vorschlag war sehr folgenschwer. Bei der damaligen Lage Preußens hing die Entscheidung über Krieg und Frieden davon ab, welcher Partei sich der König anschloß. Erneuerte er den Vertrag mit Frankreich, so mußte er das Kurfürstentum Hannover angreifen. Damit hätte er sich die Engländer, Österreicher und Russen auf den Hals gezogen. Schloß er aber ein Bündnis mit England, so hätten es die Franzosen vermutlich unterlassen, den Krieg nach Deutschland zu tragen, und Preußen hätte England und Rußland zu Bundesgenossen gehabt. Dann hätte wohl auch die Kaiserin-Königin Frieden halten müssen, so brennend sie auch die Wiedereroberung Schlesiens wünschte und so sehr sie zum Losschlagen bei der ersten günstigen Gelegenheit gerüstet war.

Ehe sich der König entschied, hielt er es für angezeigt, die Meinung des russischen Hofes zu ergründen. Da er aber im Großkanzler Bestushew einen ausgesprochenen Feind besaß, konnte er unmöglich Auskunft aus Petersburg selbst erlangen, zumal aller Verkehr zwischen beiden Höfen abgebrochen war. Er fragte also bei Klinggräffen, seinem eigenen Gesandten am österreichischen Hofe, und bei Lord Holderneß selbst an, wie Rußland mit England stände, und besonders, ob der Wiener oder der Londoner Hof größeren Einfluß in Petersburg besäße. Klinggräffen antwortete, die Russen schlössen sich als feile und eigennützige Nation zweifellos lieber denen an, die


1 Der berüchtigte, 1755 in Paris hingerichtete Straßenräuber.

2 Vielmehr erst im Juni 1756.

3 Herzog Karl, der Schwager König Friedrichs.