<104> der Auswechslung der Gefangenen hören. Sie bezahlten die Soldaten und Offiziere schlecht und unregelmäßig und zwangen die Kriegsgefangenen durch Bestrafungen und Strenge zum Dienst bei ihren Truppen. Wegen dieser harten Behandlung beschwerte sich der Markgraf bei Laudon und bedeutete ihm unter anderm, die Österreicher mißachteten scheinbar die unter christlichen Völkern üblichen Kriegsgebräuche und eigneten sich die Grundsätze der Ungläubigen an, die ihre Gefangenen wie Sklaven behandeln und sie niemals für Lösegeld freigeben1. Laudon antwortete, die Kaiserin-Königin halte sich nicht mehr an die Abmachungen mit dem König von Preußen gebunden, es gäbe kein Kartell mehr, sie würde ihm ihr Wort nicht länger halten und mit den Gefangenen nach Gutdünken verfahren. Laudon schämte sich dessen, was er schreiben mußte, und fügte mit eigener Hand am Fuß des Schreibens hinzu, er hoffe, man würde am Ton des Briefes erkennen, daß er nicht aus seiner Feder herrühre. So weit war also die Erbitterung und der Haß des Wiener Hofes gediehen. Auch seine Verbündeten waren von diesem Gift schon angesteckt. Aber so aufgebracht die Kaiserin-Königin auch gegen den König von Preußen sein mochte, sie mußte doch fühlen, daß sie durch Wortbrüchigkeit, gegen wen es auch sei, nur sich selber ins Unrecht setzte.

Gegen Ende Oktober verschlimmerte sich die Lage in Pommern derart, daß der König die Absendung neuer Hilfstruppen nicht länger aufschieben konnte. Er ließ also Schenckendorff2 mit 6 Bataillonen und 10 Schwadronen abrücken. Wir werden bald sehen, wozu das Detachement gebraucht wurde.

Der König behielt seine Stellung bei Strehlen bis zum 10. Dezember. Dann bezogen die Truppen Winterquartiere. Laudon hatte bereits das Detachement O'Donell nach Sachsen zurückgeschickt, und seine Truppen kantonnierten in den Bergen. Die Russen waren in die Grafschaft Glatz abgerückt. Preußischerseits wurde das Regiment Anhalt-Bernburg nach Neiße gelegt, und Wied überwinterte mit 10 Bataillonen und ebensoviel Schwadronen in der Gegend von Grottkau. 20 Bataillone und 40 Schwadronen hielten die Umgegend von Breslau besetzt, und Zeuner3 marschierte nach Glogau, damit die Festung wenigstens im Winter unbelästigt blieb. Außerdem ging Schmettau mit etwas Kavallerie nach Guben, um die Verbindung zwischen Berlin und der Armee in Sachsen zu sichern.

Nachdem wir so hintereinander die Ereignisse des Jahres in Schlesien aufgezählt haben, müssen wir noch einen Blick auf die Vorgänge in Pommern werfen. Am


1 Am 21. September 1761 hatte der König den Markgrafen Karl beauftragt, in diesem Sinne an Laudon zu schreiben. Dieser legte in seiner Antwort vom 5. Oktober dem König eine barbarische, allem Völkerrecht widerstreitende Kriegführung zur Last. Als im Dezember von österreichischer Seite dieser Briefwechsel veröffentlicht wurde, befahl der König am 5. Februar 1762, Markgraf Karl solle eine Abschrift der Antwort Laudons anfertigen und „zugleich jeden darin gegen uns enthaltenen Punkt durch dazu kurz, aber solide gemachte Remarques beantworten“ lassen. Darauf wurde auch preußischerseits der Briefwechsel mit den „Remarques“ zu Laudons Antwort deutsch und französisch publiziert.

2 Vgl. S. 83.

3 Generalmajor Karl Christoph von Zeuner.