<93> und trafen nach einem Gewaltmarsch am nächsten Tage (5. August) in Strehlen ein. Sie wollten immer mitten zwischen den beiden feindlichen Heeren bleiben und ihre Bereinigung solange wie irgend möglich verhindern. Man hatte Buturlin Hoffnung gemacht, durch 4 000 österreichische Gefangene, die in Breslau waren, eines der Stadttore überrumpeln zu können. Die Russen brauchten dann nur gleichzeitig die Vorstadt Polnisch-Neudorf jenseits der Oder anzugreifen, um sich der Hauptstadt durch einen Handstreich zu bemächtigen. Tschernyschew übernahm die Ausführung des Planes und drang mit einigen Truppen in die offene Vorstadt ein. Aber Tauentzien1, der Kommandant der Festung, hatte seine Maßnahmen so richtig getroffen, daß er sowohl die Gefangenen im Zaume hielt, als auch die Russen abschlug. Knobloch eilte Tauentzien zu Hilfe und machte in Gemeinschaft mit ihm einen heftigen Ausfall. Es gelang ihnen, den Feind ganz aus der Vorstadt zu verdrängen. Doch der König ließ sich an den getroffenen Vorsichtsmaßregeln nicht genügen. Er sandte zum Überfluß noch Platen mit 11 Bataillonen und 15 Schwadronen nach Rothsyrben. Von dort konnte er Breslau und die Oder im Auge behalten und entweder Tauentzien zu Hilfe eilen oder Nachricht geben, an welcher Stelle die Russen Anstalten zum Übergang über den Fluß träfen.

Unterdessen erhielt der König durch seine Streifkorps Meldung, die österreichische Armee habe sich bei Kunzendorf gelagert, und die Russen hätten sich aus der Gegend von Breslau zurückgezogen. Daraufhin verließ die Armee ihre Stellung bei Strehlen und langte nach einem Gewaltmarsch jenseits des Schweidnitzer Wassers und des Dorfes Canth an (10. August). Dort stießen auch Platen und Knobloch zu ihr. Am folgenden Tage2 wechselte der König seine Stellung und ließ die Armee bei Nieder-Moys lagern. Dort verbreiteten sich unbestimmte Gerüchte, die Russen hätten die Oder bei Auras überschritten3. Nach einigen Nachrichten waren es nur Kosaken, nach anderen dagegen ein ganzes Detachement. Wieder andere behaupteten sogar, es handle sich um Buturlins gesamte Armee. Die Nachricht war jedenfalls von größter Wichtigkeit und bedurfte durchaus der Aufklärung. So sandte der König denn Schmettau4 nach Neumarkt ab. Der verjagte von dort einen Schwarm Kosaken und nahm ihnen einige Gefangene ab. Auch Möllendorff wurde nach einem Dorfe Royn auf Kundschaft geschickt und vertrieb dort ebenfalls ein feindliches Detachement. Aber die Gefangenen, die sie ins Lager mitbrachten, konnten keine klare Auskunft geben, da sie vor drei Tagen durch die Oder geschwommen waren. Dann hatte sich das barbarische Kriegsvolk derart mit Plündern beschäftigt, daß sie sich garnicht um den Verbleib Buturlins und seiner Armee gekümmert hatten.

Auf eine Bewegung Laudons gegen Striegau änderte die Armee des Königs ihre Stellung und besetzte mit dem rechten Flügel den Hügel bei Leipe, mit dem linken Eisdorf. Da es aber immer noch ungewiß blieb, ob die Russen über die Oder ge-


1 Vgl. S. 48.

2 Vielmehr am 12. August 1761.

3 Die Russen überschritten am 12. August 1761 die Oder bei Kloster Leubus.

4 Vgl. S. 38.