<95> der Kolonne trugen nämlich blaue Uniformen. Sie wurden von den Russen für Preußen gehalten, und während Reitzenstein sie in der Front attackierte, fielen ihnen die Kosaken in die Flanke. Nach ihrem Sieg über die Österreicher jagte die preußische Kavallerie die Russen bis an das verschanzte Lager Buturlins. Dessen Armee hielt das Gelände von Koischwitz bis Kunzendorf besetzt. Sie war bei Leubus über die Oder gegangen1 und hatte sich fleißig in ihrer Stellung verschanzt.

Die Gründe, weshalb der König die Russen nicht angreifen wollte, blieben stets die gleichen. Ihre Armee befand sich in einer derartigen Stellung, daß man sie nur mit großen Opfern aus diesem vorteilhaften Gelände hätte vertreiben können. Aber die Preußen hatten keine Leute übrig. Der König verfügte alles in allem nur über 24 Bataillone und 58 Schwadronen, da das Gros unter Markgraf Karl im Lager von Leipe geblieben war. Er sollte dort dem König den Rücken freihalten und gleichzeitig die Bewegungen der Österreicher aus nächster Nähe beobachten. Doch war die Entfernung nicht so groß: die Vereinigung der beiden Armeeabteilungen ließ sich in kaum zwei Stunden bewerkstelligen. Zu einem unvermuteten Angriff auf den Markgrafen Karl stand Laudon von Leipe zu weit. Was auch geschehen mochte, der Markgraf hatte immer noch Zeit, Meldung zu schicken und Hilfe abzuwarten. Was die Russen betraf, so konnte der König bei ihrer gewohnten Langsamkeit und ihrer geringen Neigung zu kräftigem Vorgehen den Markgrafen Karl im Notfall noch rechtzeitig heranziehen. Der König nahm sein Lager zwischen Klein-Wandris und Wahlstatt und ließ es sorgfältig befestigen, um gegen einen plötzlichen Überfall gesichert zu sein. Auch wurde eine alte Schanze am Würcken-Teich hergestellt, um die Verbindung zwischen den beiden preußischen Armeen noch mehr zu sichern.

Am folgenden Tage zeigte sich ein neues Lager hinter Iauer. Es genügte aber nicht, zu wissen, daß es ein österreichisches war, es galt auch festzustellen, zu welchem Zweck der Feind sich dorthin gewandt hätte. Um das zu erkunden, mußten sich ein Offizier und drei Husaren, die etwas Russisch konnten, als Kosaken verkleiden und sich am frühen Morgen ins Lager von Iauer schleichen, unter dem Vorwand, sie hätten sich aus Unkenntnis der Wege verirrt. Der österreichische Offizier, der die Wache hatte, erwies ihnen alle mögliche Aufmerksamkeit und gab an, er gehöre zu einem Detachement von 6 000 Mann unter Brentano, das zur Deckung der österreichischen Artillerie bestimmt sei. Laudon habe sie hierher vorrücken lassen, um sie im Fall eines preußischen Angriffs auf die Russen rascher bei der Hand zu haben. In diesem Fall würden sich die Österreicher sofort am Kampfe beteiligen, sodaß der König der Übermacht der beiden kaiserlichen Armeen sicher erliegen müsse.

Am folgenden Tage2 brach Buturlin auf. Er ging über Liegnitz und nahm Stellung beim Dorf Eichholz. Laudon wähnte, dem König Gelegenheit zum Angriff auf die Russen während ihres Marsches gegeben zu haben. Denn Buturlins Bewegung


1 Am 12. August 1761.

2 In der Nacht zum 19. August 1761.