<61>

9554. AN DEN ETATSMINISTER GRAF FINCKENSTEIN IN MAGDEBURG.

Parchwitz, 30. November 1757.

Seit der Zeit, dass ich mein letzteres aus Naumburg am Queiss auf allergnädigsten Befehl an Ew. Excellenz zu schreiben die Ehre gehabt,1 haben sich die Umstände in hiesigem Lande so geändert, dass man nicht sonder Schrecken und Horreur daran denken kann.

Von des Königs Majestät war Dero Ortes wohl nicht das geringste versehen noch vergessen worden, um alles inzwischen im Stande und aufrecht zu erhalten und zu souteniren, bis dass Dieselbe mit Dero Corps herankommen und denen Sachen gegen den Feind den völligen Ausschlag geben könnten. Die an den Herzog von Bevern ergangene Ordres und Instructiones, die die nützlichsten und die positivesten, auch so energique als gracieuse waren, und alle richtig überkommen seind, bleiben davon beständige und ohnverwerfliche Zeugnisse; der Herzog von Bevern erkannte selbst in seinem Briefe an den König die Nothwendigkeit davon, dass er, währender Belagerung von Schweidnitz oder wenn dieser Posten fallen sollte, sogleich mit der für ihm stehenden feindlichen Armee schlagen müsste,2 ehe dieselbe nach der Eroberung von Schweidnitz das zur Belagerung gebrauchte Corps, wohin die feindliche Armee sehr stark detachiret und sich dadurch sehr geschwächet hatte, wieder an sich ziehen könnte. Der gemeine Soldat und Officiers bezeigten ein brennendes Verlangen, mit dem Feinde zu thun [zu] bekommen (wollte Gott! verschiedene derer commandirenden Generals hätten auch so gedacht, an deren bezeigtes Betragen aber man nicht sonder Horreur denken kann); man machte alle Anstalten zum Schlagen, die Détachements wurden deshalb eingezogen, die Armee rückte dazu en ordre de bataille aus; es ward aber aus allem nichts, die positivesten Ordres vom Könige wurden vergessen oder ganz à travers ausgeleget, die Armee musste des Abends wieder in das Lager rücken und dem gemeinen Mann blieb bei den deshalb gehabten vergeblichen Fatigues nichts anders übrig, als dass er sich durch sehr starke Ausdrücke gegen verschiedene und viele seiner commandirenden Generals exhaliren konnte. Und so wurd' die Zeit verloren, bis der General Nadasdy die gewann, sich mit der feindlichen Armee wieder conjungiren und solche verstärken zu können.

Der Feind, der noch vor Ende der Campagne Breslau à tout prixhaben wollte, machte seines Ortes endlich Ernst daraus und griff den 22. dieses den Herzog von Bevern in seinem Posten an; diese Attaque gerieth ihm übel, dessen Verlust war nach einmüthiger Aussage von Feind und Freunde sehr gross, als der von den mehristen an 20,000 Mann, von andern gar auf 27,000 Mann angegeben wird. Der Generallieutenant von Zieten schlug mit seinem unterhabenden, glaube ich,



1 Vergl. Nr. 9543.

2 Vergl. S. 12. 13.