<129>enge, die Pommern von der Insel trennt1. Die Flotte wahrte dabei die Schlachtordnung, wie die Truppen sie zu Land innehatten. Man stellte sich, als wolle man die Insel an der Ostseite anlaufen. Plötzlich aber ließ der Fürst von Anhalt die Schiffe nach links wenden und landete seine Truppen in dem kleinen Hafen von Stresow, wo der Feind ihn durchaus nicht erwartete. Er stellte seine Truppen bogenförmig auf, sodaß die beiden Flügel sich an das Meer lehnten. In großer Schnelligkeit ließ er Schanzen auswerfen und mit spanischen Reitern besetzen. Seine Schlachtordnung war diese: zwei Infanterietreffen verteidigten die Verschanzung; die Reiteret bildete das dritte Treffen, mit Ausnahme von sechs Schwadronen, die er außerhalb seiner Schlachtfront bereit hielt, um dem Feind in die linke Flanke zu fallen, wenn er von jener Seite her angreifen sollte.

Karl XII. ließ sich durch die Kriegslist des Fürsten von Anhalt täuschen und langte nicht rechtzeitig an, um sich der Landung zu widersetzen. Da er die Bedeutung der Insel kannte, setzte er sich, wiewohl er nur 4 000 Mann hatte, gegen den Fürsten von Anhalt in Bewegung, und zwar bei Nacht, weil er seine geringe Truppenzahl dem Gegner verbergen wollte, und weil er hoffte, ihn zu überraschen. Er marschierte mit dem Degen in der Hand an der Spitze seiner Infanterie und führte sie bis an den Schanzgraben. Mit eigenen Händen riß er spanische Reiter heraus, die ihn umsäumten. Er wurde beim Angriff leicht verwundet; General Düring fiel an seiner Seite.

Die geringe Anzahl seiner Truppen, das Dunkel der Nacht, die Attacke der sechs preußischen Schwadronen gegen die Flanke der Schweden, die Hindernisse der mit spanischen Reitern besetzten Verschanzung und vor allem die Verwundung des Königs: all diese Umstände zusammen brachten die Schweden um die Früchte ihrer Tapferkeit. Das Glück hatte sich von der schwedischen Nation abgewandt. Alles verschwor sich zu ihrem Niedergang.

Der verwundete König hatte sich zurückgezogen, um sich verbinden zu lassen. Seine geschlagenen Truppen flüchteten. Am folgenden Morgen fielen bei der Schanze Alte Fähre 1 200 Schweden in die Hände der Preußen. Die Insel Rügen wurde von den Verbündeten völlig besetzt. Sehr betrauert wurde der tapfere Oberst Wartensleben, der an der Spitze der preußischen Gensdarmes den Tod fand2. Er hatte viel zur Niederlage der Schweden beigetragen.

Karl XII. verließ nach diesem Mißerfolg Rügen und fuhr wieder nach Stralsund hinüber. Die Stadt war nicht mehr weit von der Übergabe. Bis zum Gegenwall waren die Belagerer vorgedrungen und schickten sich bereits an, ihren Minengang gegen den Hauptgraben vorzuschieben. Im Charakter des Königs von Schweden lag es, Schicksalsschlägen störrischen Eigensinn entgegenzusetzen. Er wollte dem


1 15. November 1715.

2 Graf Heinrich Friedrich Christian von Wartensleben, Major im Infanterieregiment Finckenstein, fiel vor Stralsund am 18. Dezember 1715; er war nicht Oberst des Regiments Gensdarmes.